Sachsens Heimatschutz-Kompanie in Aktion: Wenn Schreibtisch-Helden zur MP greifen

Dresden/Hammelburg - Diese Sachsen wollen ihre Heimat schützen. Rund 50 Soldaten der sächsischen Heimatschutzkompanie trainierten in diesem Monat an der Infanterieschule im bayerischen Hammelburg das Schießen. TAG24 schaute den Schützen über die Schulter.

Mit der Granatpistole schießen die Heimatschützer auf Häuser-Attrappen.
Mit der Granatpistole schießen die Heimatschützer auf Häuser-Attrappen.  © Eric Münch

In der sächsischen Heimatschutzkompanie dienen Reservisten. Viele waren früher hauptberufliche Soldaten. Heutzutage stehen sie allesamt fest im zivilen Leben, arbeiten in Behörden und Betrieben, viele haben Familie.

Doch wenn die Heimatschutzkompanie zum Training ruft, legen sie den Alltag ab und die Uniform an. Zuletzt trainierten sie eine Woche lang im "Schieß-Biwak" an der Infanterieschule in Hammelburg, etwa 360 Kilometer von Dresden entfernt.

An der Standort-Schießanlage lädt Hauptgefreiter Anja Schiebel (45) aus Torgau die Maschinenpistole MP7. "Ich arbeite eigentlich in einer Justizbehörde, da sitze ich überwiegend am Schreibtisch. Das hier ist mal was ganz anderes."

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Sie feuert auf die Zielscheibe, trifft genau in die "Bravo-Zone", die dem Brustbereich des menschlichen Körpers entspricht.

Schussübungen mit Maschinenpistole oder Granatpistole

Hauptgefreiter Anja Schiebel (45) ist die einzige Frau in der Kompanie.
Hauptgefreiter Anja Schiebel (45) ist die einzige Frau in der Kompanie.  © Eric Münch

Dann muss die Schützin "sich verschieben": Sie geht einen Schritt zur Seite und wirft einen Blick über jede Schulter - denn im echten Gefecht müsste sie sichergehen, dass sie nicht in eine Schusslinie gerät. Sie legt die MP7 wieder an.

"Ich will für Sachsen da sein", sagt Anja Schiebel. Sie ist die einzige Frau in der Heimatschutzkompanie. "Ich bin sofort super aufgenommen worden. Aber ich will auch keine Sonderbehandlung."

Einen Übungsplatz weiter stehen kleine Häuser-Attrappen auf einer Wiese, hier üben die Heimatschützer mit der Granatpistole.

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Wer sie zwischen den Schüssen fragt, was ihnen der Heimatschutz gibt, bekommt fast immer die gleiche Antwort: Kameradschaft. "Kameradschaft ist das Bindeglied, das Soldaten zusammenhält", sagt der Kompaniechef, Oberstleutnant Robin Schulz (41) aus Dresden. Im zivilen Leben ist er Abteilungsleiter beim Deutschen Roten Kreuz.

Ohne die Kameradschaft wäre das harte Training wohl kaum zu schaffen. "Bei uns wird um 5.30 Uhr geweckt, Dienstschluss ist um 20 Uhr. Danach müssen die Soldaten noch ihre Ausrüstung für den nächsten Tag vorbereiten. Das hier ist kein Freizeitspaß."

Im Waffenkeller werden Waffen und Patronen an die Heimatschützer verteilt

Hauptfeldwebel Thomas Frescura (47) gibt am Morgen die Waffen aus.
Hauptfeldwebel Thomas Frescura (47) gibt am Morgen die Waffen aus.  © Eric Münch

Morgens um 6.45 Uhr treten die Heimatschützer in Reih und Glied an, dann geht es runter in den Waffen-Keller. Dort verteilt Hauptfeldwebel Thomas Frescura (47) die Waffen und Patronen für den Tag.

"Ich bin seit fast zehn Jahren dabei", sagt Frescura. "Und ich mache es, solange ich körperlich kann." Früher diente er als Gebirgsjäger in Schneeberg. Bis der Standort Schneeberg aufgelöst wurde. "Danach hätte ich in den Alpen stationiert werden sollen. Das wollte ich nicht, denn ich habe Frau und Kinder im Erzgebirge."

Dank der Heimatschutzkompanie kann er wieder als Soldat dienen - und zugleich bei seiner Familie bleiben.

An diesem Morgen steht eine besondere Waffe auf dem Programm: die Panzerfaust. 20 Heimatschützer treten dazu an, jeder hat einen Schuss. Das Ziel: ein 200 Meter entfernter Panzer.

Panzerfaust-Schießen: "Wenn man es ein paar Mal gemacht hat, ist es wie Auto fahren"

Stabsunteroffizier Rico T. (40, l.) erklärt TAG24-Reporter Johannes Pittroff (33) die Granatpistole.
Stabsunteroffizier Rico T. (40, l.) erklärt TAG24-Reporter Johannes Pittroff (33) die Granatpistole.  © Eric Münch

Der erste Schütze legt an, zielt und drückt den Abzug. Mit 156 km/h donnert die Rakete los, beschleunigt binnen Sekunden auf 224 km/h. Kaum ist der Schuss abgefeuert, steigt schon Staub vom Panzer auf. Stolz blickt Stabsunteroffizier Rico T. (40) auf seine Kameraden.

Im Alltag leitet er eine Heizungs- und Sanitär-Firma, hier leitet er die Ausbildung an der Panzerfaust. "Wenn man es ein paar Mal gemacht hat, ist es wie Auto fahren", sagt er.

Nach Dienstschluss genehmigen sich die Soldaten ein Feierabend-Bierchen in der fränkischen Abendsonne. Sie erzählen von ihren sächsischen Heimatorten, von der Familie, dem Beruf.

Bei einem Bierchen bleibt es dann auch - denn um 5.30 Uhr beginnt wieder ein harter Tag für die Heimatschützer.

Eine wuchtige Waffe: Die Reservisten üben mit der Panzerfaust.
Eine wuchtige Waffe: Die Reservisten üben mit der Panzerfaust.  © Eric Münch

Katastrophenhelfer in Uniform: Die Kompanie für den Schutz der Heimat

Die sächsische Heimatschutzkompanie hat ihr eigenes Wappen.
Die sächsische Heimatschutzkompanie hat ihr eigenes Wappen.  © Eric Münch

Die Bundeswehr hat seit 2012 in allen Bundesländern Heimatschutzkompanien gegründet. Sie sollen bei Katastrophen helfen.

Die sächsische Heimatschutzkompanie zählt rund 150 Freiwillige. Sie kamen etwa bei der Afrikanischen Schweinepest zum Einsatz, haben in der Oberlausitz Zäune gebaut und Fallwild gesucht.

Die Freiwilligen werden mehrmals im Jahr zu Übungen eingeladen. Dort lernen sie Erste Hilfe, das Bewachen von Gebäuden oder den Umgang mit Waffen.

Für die meist mehrtägigen Übungen lassen sich die Heimatschützer von ihren Arbeitgebern freistellen und erhalten ihren Lohn von der Bundeswehr.

Die Infanterieschule Hammelburg

Die Heimatschutzkompanie versammelte sich jeden Morgen um 6.45 Uhr auf dem Kasernen-Gelände.
Die Heimatschutzkompanie versammelte sich jeden Morgen um 6.45 Uhr auf dem Kasernen-Gelände.  © Eric Münch

Die Infanterieschule Hammelburg liegt im bayerischen Unterfranken.

Sie zählt zu den wichtigsten Ausbildungsstätten der Bundeswehr. Etwa 1650 Soldaten sind dort stationiert. Die Schule bildet künftige Führungskräfte der Infanterie aus.

Sie kommen sowohl im Heer als auch bei Luftwaffe und Marine zum Einsatz.

Titelfoto: Eric Münch

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