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Psychologe sieht Parallelen: Wie viel Sekte steckt in der „Letzten Generation“?
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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
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Teilnehmende einer Blockade-Aktion der Letzten Generation sitzen auf einer Straße in Mainz.
Peter Zschunke/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild Teilnehmende einer Blockade-Aktion der Letzten Generation sitzen auf einer Straße in Mainz.

Auch diesen Montag blockierten die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ wieder Straßen in mehreren Städten. Einige Mitglieder schreckt auch ein Gefängnisaufenthalt nicht ab. Psychologe Michael Utsch erkennt inzwischen sektenähnliche Züge bei der Bewegung.

Egal ob Autobahnblockade, Tomatensuppe auf Gemälden oder Sabotage des Flugverkehrs: Die „Letzte Generation“ will mit allen Mitteln auf den Klimawandel aufmerksam machen. „Wir sind die Letzte Generation, die den Kollaps unserer Gesellschaft noch aufhalten kann“, heißt es auf der Webseite.

Der Religionspsychologe Michael Utsch hat sich mit der Bewegung, ihrem Denken und Sprechen beschäftigt - und erkennt Parallelen zu Sekten.

Utsch ist wissenschaftlicher Referent an der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin. Ihm macht besonders Sorgen, dass die Aktivisten von einer Art Endzeit-Angst geprägt seien.

„Rechtschaffene und intelligente Menschen lassen sich derart in eine apokalyptische Enge treiben, dass sie ihre Ausbildung abbrechen und Straftaten begehen“, sagte Utsch in einem Interview mit der „ Neuen Osnabrücker Zeitung “.

Zudem erkennt er klassisches Schwarz-Weiß-Denken. Die Letzte Generation beziehe sich nur auf Studien, die ihr Anliegen explizit unterstützen. Gleichzeitig treibe das schlechte Gewissen die Aktivisten dazu an, immer mehr in die Gruppe zu investieren.

Religionspsychologe hält Radikalisierung für möglich

Das sei besonders für „Menschen, die arbeitslos sind und keine Perspektive haben“ attraktiv. Eine Gruppenzugehörigkeit und ein gemeinsames Ziel seien extrem sinnstiftend, ebenso wie der Gedanke, mit seinem Handeln die Welt retten zu können.

Doch laut Utsch erfülle die „Letzte Generation“ nicht alle Kriterien für eine Sekte. Für ihn sind die Mitglieder der Gruppe zu vielfältig. Ebenso fehle ein essenzielles Element: „Eine neue religiöse Bewegung braucht einen charismatischen Führer, und den sehe ich bei der ‚Letzten Generation‘ nicht“, so Utsch.

Der Psychologe erkennt dennoch Potenzial für eine weitere Radikalisierung der Gruppe. Er hält es für wichtig, die Auswahl der Mitglieder stärker zu überwachen. Sonst sei es möglich, dass sich „Eigendynamiken entwickeln, die aus dem Ruder laufen“.

Wirtschaftspsychologin hält „Letzte Generation“ für „ethisch fragwürdig“

Auch die Wirtschaftspsychologin Maria-Christina Nimmerfroh hat sich das Verhalten der „Letzten Generation“ genau angesehen und selbst an Trainings teilgenommen. Wie Utsch nimmt auch Nimmerfroh die Gruppenzugehörigkeit als Besonderheit der „Letzten Generation“ wahr.

„Der Umgang ist, anders als zum Beispiel bei Fridays for Future, extrem persönlich und wertschätzend. Man teilt von Anfang an seine Emotionen, so dass ein starker Zusammenhalt entsteht“, sagte sie in der „ Frankfurter Neuen Presse “ (FNP).

Es sei wichtig, möglichst früh diese emotionale Bindung aufzubauen, so seien neue Mitglieder schneller bereit, Aktionen durchzuführen.

Für den Klimawandel eine Straftat zu begehen oder sogar eine Gefängnisstrafe abzusitzen, werde laut Nimmerfroh bereits in den Trainings normalisiert. Dies hält die Wirtschaftspsychologin für „ethisch fragwürdig“.

Je mehr Kritik, desto größer der Zusammenhalt

Kritik von außen oder das einfache Abstempeln der Gruppe als kriminelle Organisation könne die Mitglieder jedoch nur wenig beeinflussen.

Vielmehr geht Nimmerfroh davon aus, dass die Aktivisten das nur noch enger zusammenschweißt. „Je mehr Druck von außen, desto größer ist der Zusammenhalt nach innen“, so Nimmerfroh im Gespräch mit der„ Welt “.

Eine Radikalisierung der gesamten Gruppe hält sie jedoch für unwahrscheinlich. „Die Bewegung definiert sich als die Guten und sie nutzt Gewaltlosigkeit, um sich von Polizei, Justiz und Politik abzugrenzen“, sagte Nimmerfroh in der FNP.

Eine gewalttätige Radikalisierung einiger Mitglieder führt laut der Psychologin eher zu einer Aufspaltung der Gruppe in kleinere Parteien.

Klima-Bewegung: Greta, Luisa und die extreme Letzte Generation

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