Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hat seine Behörde gegen Kritik verteidigt. Immer wieder werde in letzter Zeit die Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) in Frage gestellt und von einer „Gesinnungspolizei“ oder einem „Regierungsschutz“, schreibt Haldenwang in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.).
„Um eines unmissverständlich klarzustellen: In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit – und das ist gut so!“, schreibt Haldenwang in seinem Gastbeitrag für die Zeitung „Aber dennoch: Auch die Meinungsfreiheit hat Grenzen.“ Die äußersten Grenzen ziehe dabei das Strafrecht. „Jedoch auch unterhalb der strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität können Meinungsäußerungen verfassungsschutzrechtlich von Belang sein.“
Haldenwang führte weiter aus, die „verfassungsschutzrechtliche Relevanz von Äußerungen“ hänge nicht davon ab, „ob diese strafbar oder illegal sind“. Die Behörden könnten schon an Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpfen, wenn „diese etwa Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen“.
Haldenwangs Vorgänger Hans-Georg Maaßen, der inzwischen Vorsitzender der neuen rechtskonservativen Partei Werteunion ist, hatte am Samstag mitgeteilt, er klage gegen seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Ende Januar war bekannt geworden, dass das BfV Daten über ihn in seinem Informationssystem zu Rechtsextremismus speichert. Maaßen wirft Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, den Verfassungsschutz „zur Beobachtung von Regierungsgegnern“ einzusetzen.
Selten „war die Demokratie so in Gefahr wie heute“
Ohne einen direkten Bezug zu Maaßen herzustellen, schrieb Haldenwang nun in der „FAZ“: „Die Meinungsfreiheit ist von daher kein Freibrief, sich der – gerichtlich kontrollierten – verfassungsschutzrechtlichen Beobachtung und Bewertung entziehen zu können, wenn tatsächliche Anhaltspunkte etwa für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen.“
Wenn etwa Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung attackiert würden, könnten diese Äußerungen als gegen die Grundordnung gerichtet gewertet werden. Als Beispiele nannte der 63-jährige Jurist eine Verletzung der Menschenwürde von Angehörigen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen oder politischer Akteure oder eine Eskalation demokratischer Proteste zu aggressiver, systematischer Delegitimierung staatlichen Handelns bis hin zu Gewaltaufrufen.
Haldenwang wehrte sich auch gegen den Vorwurf, seine Behörde sei in den Medien zu präsent. „Zuletzt finden sich im medialen Diskurs auch Stimmen, die fordern, das BfV müsse sich politisch neutral verhalten“, schreibt Haldenwang. „Das ist völlig richtig. Wir sind politisch neutral, aber nicht gegenüber denen, die gegen unsere freiheitliche Demokratie agieren und agitieren.“
Das Aufklären der Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen und Gefahren für die Demokratie sei Bestandteil des gesetzlichen Auftrags, um schon unterhalb von Verboten eine informierte politische Auseinandersetzung zu ermöglichen. „Außerdem müssen wir leider konstatieren: In der Nachkriegsgeschichte war die Demokratie in unserem Land selten so in Gefahr wie heute.“