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Politik der Instabilität: Geheimes Pentagon-Papier: Hat die US-Regierung die Terrormiliz IS geschaffen?
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Terrormiliz IS in Syrien und im Irak
dpa-Grafik Terrormiliz IS in Syrien und im Irak
  • FOCUS-online-Redakteur

Ein geheimes Pentagon-Dokument aus dem Jahr 2012 soll beweisen, dass die US-Regierung die Entstehung und den Aufstieg der Terrormiliz IS in Kauf genommen hat. Ein Experte ist sich sicher: Die Bildung eines Kalifats soll ausdrücklich erwünscht worden sein. Steckt also die US-Regierung hinter dem IS?

Plötzlich war er da: der Islamische Staat, die Schreckensherrschaft gewaltbereiter Dschihadisten. Sie expandierten schnell und stellten eine Bedrohung für die arabische, durch Anschläge nicht zuletzt auch für die westliche Welt dar.

Es wirkte, als käme das Kalifat aus dem Nirgendwo. Neu veröffentlichte Dokumente der US-Behörde DIA zeigen nun: Washington sagte schon vor Jahren voraus, dass sich ein Islamischer Staat herausbilden könnte.

Gefahr für den ganzen Nahen Osten

In einem Papier vom August 2012 schreibt die US-Behörde „Defense Intelligence Agency“ (DIA) - der Geheimdienst der vier Teilstreitkräfte Army, Navy, Air Force und Marine Corps -, dass die instabile Situation in der Region zu einem Islamischen Staat führen könnte. Also zu einer Union aus Terroristen-Organisationen im Irak und in Syrien, welche eine schwerwiegende Gefahr für die ganze Region darstelle. Das berichtet der britische Journalist Nafeez Ahmed.

Demnach bestehe die Assad-Opposition aus Salafisten, der Muslim-Bruderschaft und AQI, dem irakischen Al-Qaida-Ableger. Diese Opposition unterstützten der Westen, die Golfstaaten sowie die Türkei, während Russland, der Iran und China das Assad-Regime stärkten.

Syrien 2011: ein Staat am Abgrund

Mit großer Sorge hatte der Westen beobachtet, wie der arabische Frühling im Frühjahr 2011 von Ägypten auf Syrien übergriff – und durch das Assad-Regime blutig niedergeschlagen wurde. Das Land war in einen bürgerkriegsähnlichen Zustand verfallen – Folter, Entführung, Tötungen waren an der Tagesordnung.

Bald hatte sich die Freie Syrische Armee aus desertierten Regime-Soldaten gegründet, andere Gruppen schlossen sich ihnen an. Das Land stürzte endgültig in einen blutigen Bürgerkrieg. Der Westen hielt sich zurück. Es gab keine offizielle direkte Einflussnahme oder gar eine militärische Intervention, Obama betonte mehrfach, Assad nicht stürzen zu wollen.

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Al Qaida unterstützte die syrischen Rebellen

In dieser brisanten Zeit verfassten die DIA-Analysten das sieben Seiten umfassende Dokument, das vor kurzem teilweise geschwärzt veröffentlicht worden ist. Während im Westen von gemäßigten Kräften gesprochen wurde, die sich gegen Assad stellten, war den Agenten längst klar: Die Rebellen wurden massiv von dem irakischen Ableger der Al Qaida (AQI) unterstützt.

Mehr noch: Der Aufstand nehme zunehmend sektiererische Züge an, was wiederum in Unterstützung durch sunnitische Stämme münde. Der damalige Führer der AQI, Abu Muhammad Al Adnani, bezeichnete Assad als die Speerspitze der Schiiten, wohl, um den schwelenden Konflikt zwischen ihnen und den Sunniten anzuheizen. Die AQI wird später im IS aufgehen und Al Adnani einer der führenden Köpfe. Erst am 5. Mai 2015 setzte die US-Regierung ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar für Informationen über den Terror-Führer aus.

Die Verflechtungen der Organisationen, die die Experten der DIA in dem Dokument aufzeigen, begünstigten schließlich den Aufbau des Islamischen Staates, dessen Etablierung im Jahr 2013 und seine massive Expansion 2014.

Das Dokument gibt nur den Raum für Interpretationen: Es ist kein Beweis für eine Einmischung der USA in Syrien, sondern vielmehr ein Strategie-Papier, das aber zweifelsohne in den höchsten politischen und militärischen Kreisen in Washington zirkulierte.

Der Westen nahm eine Kalifat-Gründung billigend hin

Warum unternahmen die USA nichts gegen den Aufbau einer großterritorialen Terrororganisation? In dem zum Teil geschwärzten Bericht ist zu lesen, dass es in der instabilen Situation die Möglichkeit einer Gründung eines Salafisten-Staats geben könne. Und das sei, was die oppositions-nahen Staaten wollten – genauer: der Westen, die Golfstaaten und die Türkei. Dadurch würde Assad isoliert und in seiner Position nachhaltig geschwächt werden.

Im letzten Absatz des Dokuments urteilen die Verfasser: Assads Schwächung erschaffe die ideale Atmosphäre für die AQI, in ihre alten Hoheitsgebiete Mossul und Ramadi zurückzukehren. Was vor drei Jahren prophezeit wurde, ist heute Realität: Im Juni 2014 wurde Mossul vom IS erobert, vor wenigen Tagen Ramadi.

Geopolitische Strategie ist schuld an IS

Der Journalist Ahmed wirft den USA vor, durch ihre geopolitische Strategie die Ursache für den Vormarsch des Terrorstaates begünstigt zu haben. Über die Unterstützung oder die Entmachtung regionaler Herrscher sollte demnach der Zugriff auf Öl- und Gas-Ressourcen sichergestellt werden.

Die US-Regierung habe zwar erkannt, wohin die Verwicklungen in Syrien führen. Doch sie habe daraufhin die Einmischung in Syrien nicht zurückgefahren oder gar gänzlich beendet: Die bedrohliche Zukunft eines Kalifats habe die US-Führung billigend hingenommen und als Teil der eigenen Strategie gegen Assad eingesetzt. Zu dem damaligen Zeitpunkt war der Machthaber aus der US-Perspektive gefährlicher als ein möglicher Islamischer Staat. Das ist heute freilich anders.

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