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Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 20.02.2019 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12.06.2019 - 84 O 16/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz auf Unterlassung in Anspruch.
4Die Antragstellerin vertreibt über ihren Online-Shop www.c.dedie Matratze Bodyguard, die seit dem Jahr 2015 wiederholt von der Stiftung Warentest als „beste je getestete Matratze“ bezeichnet worden ist. Es handelt sich um eine Wendematratze. Der Matratzenkern hat zwei unterschiedliche Härtegrade (H3 und H4), deren Liegeflächen unterschiedlich eingefärbt sind. Der Kern der Matratze weist Aussparungen auf, die sogenannten Ergonomiemodule. Zwischen den beiden Matratzenschichten befinden sich kleine quaderförmige Ausschnitte. Wegen der Gestaltung der Matratze - äußeres Erscheinungsbild und Kern - wird auf die Anlagen AS4 bis AS7, AS10 und AS11 Bezug genommen. Der Senat hat das Produkt im Original im Verhandlungstermin am 06.09.2019 in Augenschein genommen.
5Die Antragsgegnerin betreibt die Online-Plattform b.de. Sie vertreibt unter dem Label „bBasics“ seit dem 05.12.2018 die Matratze „bBasics 2in1 Hybrid-Schaum Matratze mit 2 Härtegraden, H3 Mittel & H4 Fest, 90x200 cm“. Es handelt sich um eine Wendematratze. Der Matratzenkern hat zwei unterschiedliche Härtegrade (H3 und H4), deren Liegeflächen unterschiedlich eingefärbt sind. Der Kern der Matratze weist Aussparungen auf. Zwischen den beiden Matratzenschichten befinden sich kleine quaderförmige Ausschnitte. Wegen der Gestaltung der Matratze - äußeres Erscheinungsbild und Kern - wird auf die Anlagen AS1 bis AS3 Bezug genommen. Der Senat hat das Produkt im Original im Verhandlungstermin am 06.09.2019 in Augenschein genommen.
6Die Antragstellerin hält die Matratze der Antragsgegnerin für eine unlautere Nachahmung ihres Produkts. Sie hat vorgetragen, mehr als eine Million Matratzen des Typs „Bodyguard“ verkauft zu haben. Die Bodyguard-Matratze werde umfangreich beworben. In den Medien werde über die Matratze umfangreich berichtet. Die wettbewerbliche Eigenart der Bodyguard-Matratze werde durch folgende prägende Merkmale begründet:
7- 3D-Abstandsgestrick in weißer Farbe, das an der Außenseite eine wabenartige Mesh-Struktur mit nach außen offenen Aussparungen aufweise;
8- an den beiden Längsseiten je zwei schwarze Handgriffe, die in weiß die Aufschrift „BODYGUARD“ zeigten;
9- Matratzenkern mit zwei unterschiedlichen Härtegraden (H3 und H4), deren unterschiedliche Härtegrade farblich unterschiedlich eingefärbt seien (grau auf der einen, weiß auf der anderen Seite);
10- Ausschnitte in den Auflagenflächen, die insbesondere den Querschnitt der Längsseite der Matratze kennzeichneten;
11- symmetrisch angeordnete Ausschnitte (sog. Ergonomiemodule);
12- zwischen beiden Matratzenschichten kleine quaderförmige Ausschnitte.
13Die wettbewerbliche Eigenart der Bodyguard-Matratze werde durch deren Bekanntheit verstärkt.
14Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,
15der Antragsgegnerin bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu untersagen, in der Bundesrepublik Deutschland Matratzen zu bewerben und/oder anzubieten und/oder zu vertreiben, wenn diese gestaltet sind wie in den eingeblendeten Anlagen AS 1, AS 2 und AS 3.
16Die Antragsgegnerin hat beantragt,
17den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 01.02.2019 zurückzuweisen.
18Die Antragsgegnerin hat die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln gerügt, die Dringlichkeit in Abrede gestellt und den geltend gemachten Unterlassungsanspruch für nicht begründet erachtet. Die Bodyguard-Matratze verfüge bereits nicht über wettbewerbliche Eigenart. Die Merkmale, die nach Auffassung der Antragstellerin die wettbewerbliche Eigenart begründen sollten, seien im Wesentlichen vorbekannt und fänden sich bei einer Vielzahl von Matratzen im Markt. Die angegriffene Ausgestaltung der von ihr, der Antragsgegnerin, vertriebenen Matratze stelle auch keine unlautere Nachahmung der Bodyguard-Matratze dar. Beide Produkte unterschieden sich hinreichend.
19Mit Urteil vom 20.02.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die beantragte Untersagungsverfügung erlassen.
20Mit ihrer Berufung hält die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Begehren auf Abweisung des Eilantrages aufrecht. Sie rügt insbesondere eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung. Das Landgericht sei unter Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz bezüglich der Farbe des Bezuges der Bodyguard-Matratze, bezüglich der unstreitigen technischen Bedingtheit der Gestaltung des Matratzenschaumkerns und bezüglich des unbestrittenen Marktumfeldes über den Parteivortrag hinausgegangen. Außerdem sei das Landgericht fehlerhaft von einer unbestrittenen Bekanntheit des Produkts der Antragstellerin ausgegangen sowie davon, dass es sich bei „bBasics“ um eine Handelsmarke handele. Die fehlerhafte Tatsachenfeststellung habe zur unrichtigen Annahme einer tatsächlich nicht bestehenden Ähnlichkeit der Produkte und von Verwechslungsgefahr geführt.
21Die Antragsgegnerin beantragt,
22unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 20.02.2019, Az.: 84 O 16/19, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
23Die Antragstellerin beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Mittlerweile habe sie mehr als zwei Millionen Bodyguard-Matratzen verkauft.
26II.
27Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
281. Die zutreffenden Feststellungen des Landgerichts zur internationalen Zuständigkeit und zum Verfügungsgrund werden mit der Berufung nicht angegriffen.
292. Der Verfügungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 1 UWG. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, von jedem Mitbewerber bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
30a) Dass die Beteiligten Mitbewerber i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. UWG sind und das Anbieten/Bewerben der Produkte geschäftliche Handlung i.S.d. § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist, steht außer Streit.
31b) Eine geschäftliche Handlung ist unzulässig, wenn sie unlauter ist. Vorliegend ist der Tatbestand der unlauteren Herkunftstäuschung, § 4 Nr. 3a) UWG, erfüllt, auf den die Antragstellerin sich in erste Linie stützt. Ob auch die daneben geltend gemachten Unlauterkeitstatbestände des § 4 Nr. 3b) UWG und/oder des § 4 Nr. 4 UWG greifen, kann dahinstehen.
32Das Vorliegen einer unlauteren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 3 AWG bestimmt sich, wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, nach dem Grad der wettbewerblichen Eigenart des Originals und der Intensität der Übernahme, wobei beide Kriterien zueinander im Verhältnis der Wechselwirkung stehen.
33aa) Die Rügen des Antragsgegners zur fehlerhaften Tatsachenfeststellung durch das Landgericht bezüglich der Gestaltung der streitgegenständlichen Produkte greifen nicht durch. Die Bodyguard-Matratze und die Matratze der Antragsgegnerin sind im Verhandlungstermin im Original in Augenschein genommen worden. Der Senat ist an die Tatsache gebunden, dass es sich bei den eingereichten Asservaten um die streitgegenständlichen Produkte handelt, nicht aber an die Beschreibungen der Produkte durch der Beteiligten, weder bezüglich der wettbewerblichen Eigenart des Originals noch bezüglich des Produktvergleichs. Das Ergebnis einer Inaugenscheinnahme kann dem Gericht nicht bindenden vorgegeben werden (vgl. § 144 ZPO). Wird das Produkt vorgelegt, sind damit die wesentlichen Merkmale dargelegt, die die wettbewerbliche Eigenart begründen. Das Gericht kann sodann aufgrund dieser vorgetragenen Tatsachen die Merkmale bestimmen, denen wettbewerbliche Eigenart zukommt. Der Senat kann als in Wettbewerbssachen erfahrener Spruchkörper die wettbewerbliche Eigenart aus eigener Sachkunde beurteilen, weil nur der optische Gesamteindruck zu berücksichtigen ist und sich die Produkte an ein allgemeines Publikum richten (vgl. BGH GRUR 2017, 1135 – Leuchtballon, juris-Tz. 19).
34Ob der Querschnitt des Matratzenkerns designrechtlich geschützt ist, ist für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Auf die zunächst fehlerhafte und später berichtigte Bezeichnung der Aussparungen im Matratzenkern als „Energiesparmodule“ bzw. „Energiemodule“ durch das Landgericht kommt es ebenfalls nicht an.
35bb) Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass dem Produkt der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zukommt. Diese ist als gesteigert anzusehen.
36(1) Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin seit ihrem Erfolg bei der Stiftung Warentest im Jahr 2015 stets die gleiche Matratze vertrieben hat, so wie sie auch heute noch angeboten wird. Ein Grund, warum die Antragstellerin nach ihrem überraschenden Testsieg das Produkt umgestaltet haben sollte, ist weder von der Antragsgegnerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Abbildungen bei den verschiedenen Tests der Stiftung Warentest zeigen das Produkt, so wie es sich heute noch darstellt.
37(2) Die Bodyguard-Matratze verfügt von Hause aus über durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart, die sich auch auf den Matratzenkern bezieht.
38Die Voraussetzungen für die Annahme wettbewerblicher Eigenart hat das Landgericht zutreffend dargelegt. Die wettbewerbliche Eigenart kann sich aus den ästhetischen Merkmalen des Produkts ergeben, aber auch aus seinen technischen Merkmalen, soweit diese zwar technisch bedingt, aber ohne Qualitätseinbußen frei wählbar und austauschbar sind (s. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 4 Rn. 3.27 ff.). Der Verkehr kann sich nur daran orientieren, wie ihm das Produkt begegnet, also in der Regel nur an den äußeren Merkmalen (s. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 4 Rn. 3.24). Bei einer Matratze achtet der Verkehr jedoch gerade auf alle Elemente, die für den Schlafkomfort von Bedeutung sind. Das sind neben der Ausgestaltung des Bezugs im Besonderen der Aufbau und das Material einer Matratze. Deswegen ist es im Internet allgemein üblich, dass nicht nur Bilder von Matratzen in ihren Bezügen, sondern in der Regel weitere Bilder mit Querschnitten oder sonstige Bilder vom Kern der Matratze gezeigt werden, um den potentiellen Kunden anhand der Bilder des Konzept hinter einer Matratze verdeutlichen zu können. Im stationären Handel begegnen dem Verbraucher häufig sogar tatsächlich aufgeschnittene Matratzenmodelle. Der Verkehr legt Wert darauf zu erfahren, worauf das Konzept einer Matratze beruht, und welche Elemente welchen Effekt in Bezug auf den Liegekomfort leisten sollen. Dabei ist dem angesprochenen Verkehrskreise, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, bekannt, dass unterschiedliche Hersteller unterschiedliche Strukturen und Aufbauten wählen, um das Ziel eines bestimmten Liegekomforts, sei es eine besondere Flexibilität und Körperanpassung oder ein besonders hartes Aufliegen, zu erreichen. Der Verkehr nimmt daher nicht nur die Matratze in ihrem äußeren Erscheinungsbild war, sondern interessiert sich auch gerade für das „Innenleben“. Dem entsprechend wird das Produkt der Antragstellerin im Internet nach wie vor auch und gerade mit Abbildungen vom Matratzenkern angeboten (ebenso wie das der Antragsgegnerin). Ob die Bodyguard-Matratze außerhalb der Webseite der Antragsgegnerin und der B-Produktseite nach Februar 2017 weiterhin unter Abbildung des Matratzenkerns beworben worden ist, ist insoweit ohne Belang. Im Übrigen ist in den Berichten der Stiftung Warentest - auf denen der Erfolg der Antragstellerin im wesentlichen beruht (s.u.) - die Bodyguard-Matratze wiederholt mit Abbildungen des Kerns bewertet worden, so in den Jahren 2015 (s. Anlage AS12a), 2016 (s. Anlage AS 12b) und zuletzt noch 2018 in dem Artikel „Die Besten der Besten“ (s. Anlage AS13).
39Sowohl die Wabenstruktur des Bezuges, der für ein gutes Schlafklima sorgen soll, als auch der Aufbau des Matratzenkerns mit zwei an der Farbgestaltung erkennbar unterschiedlichen Liegeflächen mit Einschnitten an bestimmten Stellen, die für den Liegekomfort in unterschiedlicher Härte verantwortlich sein sollen, wird dem Verkehr in Erinnerung bleiben. Da für den potentiellen Käufer die betriebliche Herkunft einer Matratze - schon wegen der Frage der verwendeten Zusätze und Chemikalien - von erheblichem Interesse ist, ist eine besondere Gestaltung des Kerns und des Bezuges geeignet, auf die Besonderheit der Matratze und die betriebliche Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen.
40(3) Die wettbewerbliche Eigenart der Bodyguard-Matratze ergibt sich aus der Kombination folgender Gestaltungsmerkmale:
41- Bezug aus glattem Stoff mit dreidimensionaler Wabenstruktur;
42- die Farbe des Bezuges wirkt hellgrau (trotz oberer weißer Fäden, aufgrund der durch die Wabenstruktur hervorgerufenen Vertiefungen / Schatten und dunkleren Fäden in den unteren Schichten);
43- an beiden Längsseiten je zwei in Längsrichtung angebrachte Griffe in Kontrastfarbe Schwarz mit weißer Aufschrift „BODYGUARD“;
44- Matratzenkern aus zwei gleich hohen, zweifarbig (blaugrau / cremeweiß) eingefärbten Schaumstoff-Liegeschichten, die für die unterschiedlichen Härtegrade H3 und H4 stehen;
45- auf den beiden Liegeseiten symmetrisch angeordnete Einschnitte / Aussparungen in T- und O-Formen;
46- zwischen den beiden Matratzenschichten kleine quaderförmige Ausschnitte.
47Bei keinem dieser Elemente, auch nicht bei den Einschnitten in T- und O-Form, die die Antragstellerin als Ergonomiemodule bezeichnet, handelt es sich um technisch notwendige Elemente, die die wettbewerbliche Eigenart nicht mit begründen könnten. Ein Gestaltungsmerkmal ist technisch notwendig, wenn ein bestimmter technischer Erfolg nur mithilfe dieses Merkmals und nicht auch auf andere Weise erreicht werden kann (s. z.B. BGH GRUR 2017, 734 - Bodendübel, juris-Tz. 31). Das Ergebnis eines guten Liegekomforts kann auch mit anderen Gestaltungen erreicht werden, wie z.B. das Wettbewerbsprodukt „Dormabel“ zeigt, das von der Stiftung Warentest im Jahr 2018 bezüglich der Liegeeigenschaft - ebenso wie die Bodyguard-Matratze - mit „gut 2,1“ bewertet worden ist und bezüglich des Lageänderungswiderstands/Schulterklappeffekts sogar noch bessere Bewertungen erzielt hat. Eine Vielzahl weitere Wettbewerbsprodukte haben ebenfalls gute Werte bei den Liegeeigenschaften erreicht, die mit denen der Bodyguard-Matratze letztlich vergleichbar sind.
48(4) Die wettbewerbliche Eigenart ist durch die mehrfachen Testsiege bei der Stiftung Warentest und vor allem die unübliche Bezeichnung „beste je getestete Matratze“ sowie die sich daran anschließende mediale Aufmerksamkeit zum Testsieg und zum „Matratzenkartell“ (s. Anlage AS 16 [Meldung des Bundeskartellamtes aus Oktober 2015] und Anlagen AS 18, AS18a [Presse-/TV-Berichterstattung]) gesteigert worden. Selbst wenn dem Verbraucher die Matratze in ihrer konkreten Gestaltung zunächst nicht vor Augen gestanden haben mag, ist jedenfalls die Bezeichnung „Bodyguard“ im Markt sehr bekannt geworden. Die Bekanntheit einer verwendeten Marke hängt zwar nicht zwingend mit der wettbewerblichen Eigenart einer konkreten Gestaltung und/oder deren Steigerung zusammen, im vorliegenden Fall spielt die Bekanntheit der Marke jedoch eine Rolle, weil jedenfalls die Bezeichnung „Bodyguard“ durch Testsieg und Kartelldebatte bekannt geworden ist und damit Aufmerksamkeit erregt hat. Jemand, der sich für Matratzen interessiert, wird nicht allein wegen einer bekannten Marke unbesehen eine Matratze im Internet erwerben. Er wird vielmehr anhand der ihm als Testsieger und „Anti-Kartell-Matratze“ bekannten Marke im Internet nach der Matratze suchen und im Shop der Antragstellerin bzw. über Google auf Bilder stoßen, die die Gestaltung der Matratze wiedergeben, sodass der Rückschluss von der Bekanntheit der Marke auf die Bekanntheit der Gestaltung der Bodyguard-Matratze hier gerechtfertigt erscheint, zumal sie naheliegt. Ob die Umsatzzahlen zu einer weiteren Steigerung geführt haben, kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben.
49Die Bekanntheit aufgrund der beispiellosen Testsiege und der umfangreichen Berichterstattung in den Medien betrifft dabei den gesamten Matratzenmarkt, nicht nur die Sparte Onlinehandel. Ausweislich des Berichtes der w&v aus Juli 2018 (Anlage AS18b) hat die Antragsgegnerin ihre Matratze während der Fußballweltmeisterschaft 2018 massiv beworben. Durch die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin vom 05.09.2019 ist glaubhaft gemacht, dass die Werbeumsätze allein für die TV-Werbung im Jahr 2018 mehr als 45 Millionen Euro betrugen und für die Radiowerbung im Jahr 2018 über zwei Millionen Euro, dass von der Bodyguard-Matratze seit dem Markteintritt im Jahr 2015 bis Anfang 2018 mehr als eine Million Stück verkauft worden sind und dass sich die Verkaufszahlen bis heute sogar auf mehr als zwei Millionen Stück gesteigert haben. Nach den Angaben des Fachverbandes Matratzen-Industrie e.V. (Anlage AS35) verkauft die Antragstellerin, die nach dem Bericht der Stiftung Warentest vom 24.09.2015 als „David“ gestartet war (s. Anlage AS12a „Bodyguard Anti-Kartell-Matratze: Ein David zeigt es den Goliaths“), inzwischen in Deutschland fast jede fünfte Matratze.
50(5) Eine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart durch das Produktumfeld ist nicht schlüssig dargetan. Die Antragsgegnerin hat auch im Berufungsverfahren nichts zur Marktbedeutung der von ihr ins Feld geführten Produkte vorgetragen. Soweit für die von der Stiftung Warentest geprüften Produkte per se von einer hinreichenden Marktbedeutung ausgegangen werden könnte, ist weder schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich, dass auch nur ein einziges dieser Produkte der Bodyguard-Matratze annähernd so nahe kommen, wie das angegriffene Produkt. Insbesondere die Gestaltung der Kerne ist im wettbewerblichen Umfeld deutlich abweichend, aber auch weitgehend die äußere Gestaltung.
51cc) Die Antragsgegnerin hat das Produkt der Antragstellerin nahezu identisch nachgeahmt. Sie hat fast alle oben aufgezählten Gestaltungsmerkmale übernommen:
52- Bezug aus glattem Stoff mit einem Muster, das wie eine dreidimensionale Wabenstruktur wirkt;
53- die Farbe des Bezuges wirkt grau;
54- an beiden Längsseiten je zwei in Längsrichtung angebrachte Griffe in kontrastreich abweichender Farbe (Weiß);
55- Matratzenkern aus zwei gleich hohen, zweifarbig (blau / cremeweiß) eingefärbten Schaumstoff-Liegeschichten, die für die unterschiedlichen Härtegraden H3 und H4 stehen;
56- auf den beiden Liegeseiten symmetrisch angeordnete Einschnitte / Aussparungen in T- und O-Formen;
57- zwischen den beiden Matratzenschichten kleine quaderförmige Ausschnitte.
58Die Abweichungen - auch bezüglich des etwas dunkleren Bezugs und der Farbe der Handgriffe - bleiben nicht im Erinnerungseindruck haften. Sie sind in den Internetangeboten selbst bei einem direkten Vergleich der Produkte kaum erkennbar.
59dd) Bei gesteigerter wettbewerblicher Eigenart und nahezu identischer Nachahmung ist die Gefahr einer Herkunftstäuschung gegeben. Die Antragsgegnerin hätte diese Gefahr ohne weiteres durch eine abweichende Gestaltung der von ihr angebotenen Matratze vermeiden können. Dass die Antragsgegnerin das angegriffene Produkt unter „bBasics“ vertreibt, beseitigt die Irreführungsgefahr nicht. Das Landgericht ist zu Recht von der Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung ausgegangen. Der Verbraucher wird davon ausgehen, dass es sich bei den unter „bBasics“ angebotenen Produkten nicht um von der Antragsgegnerin selbst hergestellte Ware handelt, sondern dass die Antragsgegnerin gezielt Produkte anderer Hersteller auswählt, die der Vorstellung von guter Ware zu vernünftigen Preisen entsprechen. Der Gedanke, B sei unter die Matratzenhersteller gegangen, ist fernliegend.
60Dass Verbraucher tatsächlich von einer Zweitmarke ausgehen, belegt im Übrigen eine entsprechende Kundenanfrage bezüglich des Angebots der Antragsgegnerin (s. Anlage AS36), ob es sich nämlich um ein umgelabeltes Modell des mit der besten jemals getesteten Matratze werbenden Online-Matratzenverkaufs handele.
61c) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der bereits vorgenommenen Verletzungshandlung.
62III.
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
64Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 200.000,00 €.
65Nolte |
Büch |
Hammer |