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China und Japan treffen Trumps große Schwachstelle

Hier entwindet sich Abe erleichtert Trumps Handschlag

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hat Donald Trump in Washington besucht. Der Japaner scheint allerdings nicht sonderlich erfreut am Körperkontakt mit dem US-Präsidenten zu sein.

Quelle: N24

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Die USA, größte Volkswirtschaft der Welt, sind hoch verschuldet und auf ausländische Darlehen angewiesen. Doch jetzt wenden die großen Kreditgeber sich ab – und gefährden damit Trumps wichtigsten Plan.

Donald Trump lebt seine Parole „America first“, Amerika zuerst, wirklich aus. Dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe schüttelt der US-Präsident gefühlt minutenlang die Hand, ganz nach amerikanischer – nicht aber nach japanischer – Gepflogenheit, und auch der vornehmen Theresa May greift er ans Handgelenk, was viele in Großbritannien als übergriffig empfanden.

Was manche als rüpelhaft bezeichnen, ficht den neuen Mann im Weißen Haus nicht an, weiß er doch, dass Amerika die führende globale Macht ist. Doch in einer Hinsicht ist der amerikanische Koloss verwundbar: Die weltgrößte Volkswirtschaft und Militärmacht Nummer eins ist hoch verschuldet und permanent auf ausländische Darlehen angewiesen. Es ist die größte Schwachstelle von Donald Trumps großem Plan.

Schon vor der Amtseinführung im Januar zeigten die großen Gläubiger der USA erste Anzeichen von Nervosität. Der größte Geldgeber der USA, Japan, hat seine Bestände amerikanischer Staatsanleihen schon Ende 2016 stark reduziert, im Dezember so stark wie seit vier Jahren nicht mehr.

Ausländische Kapitalgeber steigen aus

Auch andere Kreditgeber verklappen ihre US-Treasuries, wie die amerikanischen Schuldtitel an den Märkten genannt werden. Darunter die zweitgrößte Wirtschaftsmacht China. Rein rechnerisch hat die Volksrepublik sogar mehr abgegeben als Japan, seit Juni 2016 hat Peking das Volumen seiner Kredite an Amerika um rund 200 Milliarden Dollar gekappt. Die jüngste Bewegung ist der stärkste Ausstieg von Ausländern aus dem Treasury-Markt seit Anfang des Jahrhunderts, wie aus Daten des Finanzinformationsdiensts Bloomberg hervorgeht.

Die Verkäufe haben viele Beobachter überrascht: Denn selten war es aus Anlegersicht so attraktiv, amerikanische Staatsanleihen zu halten. Nach dem Auslaufen der Anleihenkäufe und zwei Zinserhöhungen gibt es in Amerika mehr Rendite als anderswo. Verglichen mit japanischen Papieren der gleichen Laufzeit bringen die zehnjährigen amerikanischen Titel 2,3 Prozentpunkte mehr Verzinsung. Ein enormer Aufschlag, in einer Welt, die nach sicherer Rendite dürstet.

Quelle: Infografik Die Welt

Doch auch gegenüber den Staatsanleihen anderer Währungsräume sind die Treasuries attraktiv. In Großbritannien bekommen Anleger bei Zehnjährigen 1,1 Prozentpunkte weniger, in Deutschland 2,1 Prozentpunkte und in der Schweiz sogar 2,5 Prozentpunkte. Selten in der Geschichte war der Zinsabstand zwischen US-Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen so groß. Ein Grund dafür ist, dass die Anleihenkäufe in den USA schon 2014 ausgelaufen sind, während die Europäische Zentralbank damit erst 2015 richtig anfing. Doch auch die deutlich höhere Schulden Amerikas spielen eine Rolle.

Im Moment werfen nur noch Australiens Schuldscheine mehr ab als Treasuries, ebenso die Papiere einiger Problemfälle der Euro-Zone wie Portugal oder Griechenland. Selbst im Vergleich mit den Krisenländern Italien und Spanien bieten die USA aber mehr Zins.

Trumps Konjunkturprogramm gerät in Gefahr

Doch in Zeiten der stärkeren nationalen Abschottung, die ausgerechnet vom ehemaligen Globalisierungsvorreiter Amerika ausgeht, will kaum einer große Wetten mit dem Kauf von US-Staatsanleihen eingehen. Im Gegenteil: Lieber ziehen sich die Investoren aus den Schuldtiteln, die einst das Siegel „sicherer Hafen“ trugen, zurück.

„Für die Japaner ist es wegen der politischen Unsicherheit jetzt schwieriger als sonst, in US-Schuldscheine und den Dollar zu investieren“, sagt Kenta Inoue, Chefstratege bei Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securities in Tokio gegenüber Bloomberg. „Wenn die Rendite in naher Zukunft stark steigt, wird sie das weiter abschrecken, im größeren Stil zu kaufen.“

Quelle: Infografik Die Welt
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Aktuell halten Ausländer noch Papiere im Volumen von 5,94 Billionen Dollar, das sind 43 Prozent aller börsengehandelten US-Schulden. Im Jahr 2008 betrug der Anteil einmal 56 Prozent. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnten ausgerechnet die Ausländer, auf die Trump so wenig Rücksicht nimmt, sein ambitioniertes Konjunktur- und Steuerprogramm gefährden. Von Investitionen für eine Billion Dollar war die Rede, hier müssen die Investoren mitziehen.

Trumps Pläne werden die US-Schulden weiter steigen lassen. Finden sich aber nicht genügend Käufer für die neuen Staatsanleihen, werden die amerikanischen Marktzinsen weiter nach oben gerissen. Das freut zwar die Sparer, doch ab einem bestimmten Niveau werden die damit einhergehenden Kosten zu einer Belastung für die Börse und die Konjunktur. Experten verorten die kritische Schwelle bei drei Prozent. Werden sich Regierung und Marktteilnehmer nicht einig, drohen finanzielle Verwerfungen.

Kritischer aufgestellt als vor der Lehman-Pleite

„Schon die US-Krise von 2008/2009 war die Ausgeburt einer Verschuldungskrise“, sagt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt bei der Bremer Landesbank (BLB). Eine nachhaltige Konsolidierung hätten die Amerikaner seither nicht einmal versucht, auch deshalb, weil die Wirtschaft des Landes durch Neuverschuldung am Laufen gehalten wurde. „Nach der Krise wurde in den USA zu großen Teilen das Geschäftsmodell wiederholt, das zu den Ereignissen von 2008 und 2009 führte. Der private US-Sektor ist heute kritischer aufgestellt als 2008 vor der Lehman-Pleite“, sagt der Ökonom.

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Quelle: N24

Rechnet man die Schulden der Bundesregierung und der einzelnen Staaten zusammen, liegt die öffentliche Schuldenlast Amerikas bei fast 20 Billionen Dollar. Das übersteigt die jährliche Wirtschaftsleistung der USA. Rein rechnerisch müsste jeder Amerikaner also länger als ein Jahr dafür arbeiten.

Noch furchteinflößender klingt die Verschuldung, wenn man sie auf jeden einzelnen Bürger herunterrechnet: Dann steht jeder Amerikaner, vom Baby bis zum Greis, mit rund 61.000 Dollar in der Kreide. Zum Vergleich: Jeder Deutsche ist rechnerisch mit 27.000 Dollar verschuldet, wiederum nur auf die öffentlichen, nicht die privaten Verbindlichkeiten bezogen.

Das dauerkriselnde Griechenland bringt es pro Kopf mit 33.000 Dollar auf nur etwa halb so viele Staatsschulden wie die USA, wie aus Zahlen der Ratingfirma Fitch hervorgeht. Allerdings ist die griechische Wirtschaft weitaus weniger leistungsfähig als die amerikanische.

Nicht allein die hohe Verschuldung wirkt abschreckend auf die Gläubiger. Insbesondere Kreditgeber aus den Schwellenländern wollen sich stärker von Amerika abnabeln, ein Prozess, den der neue Präsident mit seiner aggressiven Attitüde noch verstärken dürfte.

Trump bleibt nur noch die Notenbank

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„Die aufstrebenden Länder versuchen, sich mit eigenen Strukturen von den USA zu emanzipieren“, sagt Landesbanker Hellmeyer. Er nennt zahlreiche Beispiele, etwa die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) als Alternative zur Weltbank, die New Development Bank als Alternative zum IWF oder CIPS als Alternative zum Zahlungssystem Swift.

Auch der Abschied von den Treasuries bestätige dieses Muster: „Insbesondere China und Russland wenden sich vom Dollar als Reservewährung ab und vollziehen eine Hinwendung zu Gold als Devisenreserve“, sagt der Ökonom. „Dieser Prozess ist strategisch, und er wird sich fortsetzen.“

Quelle: Infografik Die Welt

Freilich bleibt Trump noch ein Ausweg. Sollten die ausländischen Investoren den Konflikt suchen, könnte die amerikanische Notenbank Fed als Retter einspringen und ihr Anleihekaufprogramm wieder aufnehmen. Bereits jetzt sind die amerikanischen Währungshüter mit einem Volumen von 2,5 Billionen Dollar der größte Gläubiger Amerikas.

Trump kann demnächst drei freie Plätze im Entscheidungsgremium der Fed mit eigenen Leuten besetzen – und so dafür sorgen, dass er seine kompromisslose Politik des „America first“ fortsetzen kann.

Donald Trump will Janet Yellen entmachten

Die Präsidentin der US-Notenbank, Janet Yellen, ist Donald Trump ein Dorn im Auge. Der US-Präsident will die Währungshüterin entmachten. Bereits drei Posten der Federal Reserve kann er neu besetzen.

Quelle: N24

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