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Vor Jahrestag der Stadtzerstörung Lauter Protest gegen Neonazi-Aufzug in Dresden – fast 2000 Polizisten im Einsatz

Zahlreiche Menschen protestieren in Dresden gegen einen Neonazi-Aufmarsch zum Gedenken an die Kriegszerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Mit einem Großaufgebot verhindert die Polizei eine Konfrontation.
Rechtsextreme stehen anlässlich einer Kundgebung vor dem Dresdner Hauptbahnhof

Rechtsextreme stehen anlässlich einer Kundgebung vor dem Dresdner Hauptbahnhof

Foto: Sebastian Kahnert / picture alliance / dpa

Trillerpfeifen, Sprechchöre und Musik: Lautstark und energisch haben Hunderte Menschen vor dem Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg gegen einen Aufzug von Rechtsextremisten zum Gedenken protestiert. Sie säumten den sogenannten Trauermarsch entlang der Route durch die Innenstadt, sodass Neonazis und andere Vertreter der rechten Szene mit ihren Bannern und Plakaten wie durch ein Spalier laufen mussten. Auch »Omas gegen rechts« zeigten Gesicht.

Die ehemalige Residenzstadt war am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach von britischen und amerikanischen Bomben zerstört worden. Nach Recherchen von Historikern verloren bis zu 25.000 Menschen ihr Leben. Die Rechtsextremen sehen darin ein Kriegsverbrechen der Alliierten und relativieren damit die deutsche Schuld am Ausbruch des Krieges.

Polizei spricht von »herausforderndem Einsatztag«

Ein Großaufgebot von insgesamt rund 1890 Beamten aus mehreren Bundesländern und der Bundespolizei sicherte die Versammlungen im Stadtgebiet ab. Im Fokus stand am Nachmittag bis zum Abend der Aufzug der Rechtsextremen. Die Polizei sperrte die Zugänge zur Strecke ab und gewährleistete »Protest in Hör- und Sichtweite«. Auch ein Hubschrauber war im Einsatz. In der Bilanz sprach Polizeipräsident Lutz Rodig von einem »herausfordernden und dynamischen Einsatztag«. Man habe sowohl das Recht der Versammlungsfreiheit als auch einen Gegenprotest gewahrt. Ein Aufeinandertreffen der beiden Lager habe verhindert werden können.

Gegendemonstranten protestieren mit einer Sitzblockade gegen den Aufzug Rechtsextremer

Gegendemonstranten protestieren mit einer Sitzblockade gegen den Aufzug Rechtsextremer

Foto: Sebastian Kahnert / picture alliance / dpa

Der rechte Aufzug wurde nach Polizeiangaben mehrfach gestoppt. Gegen vier Teilnehmer zwischen 30 und 49 Jahren wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt, zwei von ihnen hatten entsprechende Tätowierungen. Ein 21-Jähriger und ein 51-Jähriger müssen sich wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz verantworten. Im Gegenprotest gab es Kundgebungen, zudem setzten sich Dutzende Menschen auf die Straße, sie seien »beiseitegebracht« worden.

Im Zusammenhang mit dem Versuch, eine Polizeiabsperrung zu durchbrechen, wird wegen Landfriedensbruchs gegen einen 18-Jährigen ermittelt. Ein Beamter wurde nach Angaben der Behörde mit einem Stein beworfen, blieb aber unverletzt. Gegen acht weitere Personen zwischen 15 und 30 Jahren wird im Nachgang wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. Eine 23-Jährige muss sich wegen Beleidigung und ein 15-Jähriger wegen Widerstands verantworten.

Staatsschutz ermittelt auch wegen Volksverhetzung

In dem Aufzug entdeckten Beamte auch einen Mann aus Bayern, gegen den der Staatsschutz wegen Volksverhetzung ermittelt. Der 68-Jährige soll nach Polizeiangaben am Freitag in einem sozialen Netzwerk ein Video gepostet haben, in dem er den Holocaust leugnet. Er wurde in Gewahrsam genommen.

Teilnehmerzahlen nannte die Polizei nicht. Nach Schätzungen eines dpa-Reporters waren es bei dem jährlichen sogenannten Trauermarsch zum 13. Februar etwa 1000 Personen und der Gegenprotest gewichtiger. Eine genaue Bilanz stehe noch aus, sagte eine Sprecherin der Organisatoren am frühen Abend. Aufgerufen zum Widerstand hatte die neue Initiative »Dresden Widersetzen«. Dem Bündnis gehören zahlreiche Organisationen und auch Parteien an, ihr erklärtes Ziel ist ein »nazifreies« Gedenken in Dresden.

ara/dpa

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