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Verkehrsexperte erklärt: Warum der GDL-Streik zu mehr Bahnfahrern führen könnte

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Ab 7. März müssen einige Menschen wegen des Streiks bei der Deutschen Bahn wieder auf das Auto umsteigen. Haben sie bald endgültig keine Lust mehr auf öffentlichen Nahverkehr?

Ab Mittwoch streikt die Lokführergewerkschaft GDL erneut, zunächst im Güterverkehr. Von Donnerstagmorgen um 2 Uhr bis Freitagnachmittag um 13 Uhr kann es dann auch im Personenverkehr zu Zugausfällen kommen. Die Streiks bei der Deutschen Bahn scheinen kein Ende zu nehmen. Fahrgäste sind genervt. Das Auto, die klimaschädliche Alternative, könnte an Attraktivität gewinnen. BuzzFeed News Deutschland, ein Portal von IPPEN.MEDIA, fragt zwei Verkehrsexperten nach ihrer Einschätzung.

Verkehrsexperte sieht keine „nachhaltigen Konsequenzen“ der Bahn-Streiks auf das Fahrverhalten

Bahn-Streiks führen dazu, dass kurzfristig viele Menschen auf das Auto umsteigen – auch dieses Mal. „Am Montag verzeichnete die Nachfrage nach Mietwagen in Deutschland einen deutlichen Anstieg“, teilte die Buchungsplattform Check24 mit. „Im bundesweiten Durchschnitt wurden 368 Prozent mehr Mietwagen gebucht als in der Vorwoche.“ 

Langfristig stellt sich die Frage, ob einige Deutsche bald so genervt sind, dass sie ganz auf die Bahn verzichten. Die Zahl der PKW stieg zuletzt auf mehr als 49 Millionen, teilte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Montag mit. Könnten es durch die Streiks noch mehr werden?

Der Verkehrswissenschaftler Oliver Schwedes sagt BuzzFeed News Deutschland: „Ich gehe nicht davon aus, dass die Streiks nachhaltige Konsequenzen haben werden.“ Sein Anhaltspunkt ist die Pandemie: Die Einbrüche im Verkehr der Deutschen Bahn haben nicht zu einer Veränderung geführt, sondern sind mittlerweile wieder auf Vor-Corona-Niveau.

Ständig nur noch Streiks? Eine Expertin beantwortete diese Frage im vergangenen Sommer (2023) noch negativ.

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„Akzeptanz in der Gesellschaft für die Streiks ist zu hoch“

Bau- und Umweltingenieur Jürgen Follmann, der an der Universität Darmstadt zu Verkehrsplanung forscht, ist ähnlicher Meinung. Er glaubt nicht daran, dass sich plötzlich mehr Menschen ins Auto setzen, die gerade noch Bahn oder Fahrrad gefahren sind. Seine Begründung ist jedoch eine andere: „Die Akzeptanz in der Gesellschaft für die Streiks ist zu hoch, um hieraus langfristige Änderungen der Wahl des Verkehrsmittels und Nachteile für den Klimaschutz zu erhalten.“

Frust gebe es zwar, aber eher in Bezug auf das Unternehmen, die Deutschen Bahn. „Die Deutsche Bahn blendet ihre Probleme einfach aus. Bei der Gesellschaft, die die schon jahrelangen Mängel gut kennt, kommt das schlecht an. Vor Claus Weselsky (dem GDL-Vorsitzenden, Anmerkung d. Red.) dagegen haben wir Respekt, wie er sich für seine Gewerkschaft einsetzt“, sagt Follmann BuzzFeed News Deutschland. Erst kürzlich stand die Deutsche Bahn in der Kritik, weil sie trotz Unzuverlässigkeiten hohe Bonuszahlungen an die Führungskräfte verteilte.

Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschand.

Streiks könnten die Deutsche Bahn in Zukunft beliebter machen

Durch die Bahn-Streiks sollten die Stimmen gegen das Auto, glaubt man den Verkehrsexperten, nicht lauter werden. Im Gegenteil. „Wäre in der Vergangenheit mehr gestreikt worden, gäbe es heute mehr Bahnfahrer“, sagt Schwedes. Und zwar schon in den 90er-Jahren: „Die GDL hätte streiken sollen, als es darum ging, die Bahn kaputt zu sparen und etwa 3000 Schienenkilometer abzubauen.“ Dann wäre der öffentliche Nahverkehr heute womöglich in einem besseren Zustand, was mehr Menschen zum Bahnfahren bewegen hätte können.

Laut Follmann könnten auch die aktuellen Streiks eher positive Effekte haben. „Unter dem fehlenden Personal leiden Fahrgäste auf Dauer mehr als unter den zeitlich begrenzten Streiks“, sagt er. Oft fallen Züge durch Krankheiten von Lokführern aus oder kommen unpünktlich. Viele Menschen haben deshalb keine gute Meinung über die Deutsche Bahn. Wenn die GDL letztlich dafür sorgt, dass diese Probleme gelöst sind, könne das dagegen für Zustimmung sorgen. Follmann sagt: „Wenn die Bahn zuverlässiger wäre, dann würden sich auch mehr Menschen dafür entscheiden.“

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