Entschließungsantrag - B9-0342/2021Entschließungsantrag
B9-0342/2021

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Menschenrechten und der politischen Lage in Kuba

7.6.2021 - (2021/2745(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Manu Pineda
im Namen der Fraktion The Left

Verfahren : 2021/2745(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0342/2021
Eingereichte Texte :
B9-0342/2021
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B9-0342/2021

Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Menschenrechten und der politischen Lage in Kuba

(2021/2745(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf die Verfassung der Republik Kuba,

 unter Hinweis auf die in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätze,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere internationale Menschenrechtsverträge und -instrumente,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, insbesondere auf deren Artikel 1,

 unter Hinweis auf die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 7. November 2019 über die Notwendigkeit der Beendigung des von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargos sowie auf frühere Resolutionen der Generalversammlung zu diesem Thema,

 unter Hinweis auf das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits[1] (das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba),

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA gegen Kuba eine Verletzung der Menschenrechte der kubanischen Bevölkerung darstellt, die als ein Akt der wirtschaftlichen Kriegsführung einzustufen ist, der die Entwicklung der kubanischen Bevölkerung und die vollständige Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung beeinträchtigt; in der Erwägung, dass das von den USA auferlegte Helms-Burton-Gesetz gegen mehrere Grundsätze des Völkerrechts und gegen die Regeln des multilateralen Handels- und Wirtschaftssystems verstößt; in der Erwägung, dass die extraterritoriale Anwendung der US-amerikanischen Blockade der Souveränität anderer Länder, einschließlich der Mitgliedstaaten, zuwiderläuft;

B. in der Erwägung, dass die Folgen der US-amerikanischen Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade durch die Schwierigkeiten, die durch die COVID-19-Pandemie verursacht werden, noch verschärft werden, da durch die Blockade der Zugang Kubas zu lebenswichtigen Arzneimitteln und medizinischem Material erschwert wird;

C. in der Erwägung, dass die Zahl der von den USA verhängten einseitigen Zwangsmaßnahmen gegen Kuba in den letzten Jahren zugenommen hat; in der Erwägung, dass die Trump-Regierung während ihrer Amtszeit 243 einseitige Zwangsmaßnahmen gegen Kuba verhängt hat, die von der derzeitigen Biden-Regierung nicht geändert wurden;

D. in der Erwägung, dass Kuba am 12. Januar 2021 ohne logischen Grund in die US-amerikanische Liste staatlicher Förderer des Terrorismus aufgenommen wurde; in der Erwägung, dass durch diese Aufnahme die verheerenden sozialen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Folgen der Blockade verstärkt werden;

E. in der Erwägung, dass sich die kumulierten wirtschaftlichen Verluste der kubanischen Bevölkerung infolge der US-amerikanischen Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade auf schätzungsweise 1,099 Mrd. USD belaufen; in der Erwägung, dass die durch diese rechtswidrige Verhängung im Jahr 2020 verursachten wirtschaftlichen Verluste auf etwa 5,570 Mio. USD berechnet wurden;

F. in der Erwägung, dass die Umsetzung der Abschnitte III und IV des Helms-Burton-Gesetzes durch die Regierung der USA unmittelbare Auswirkungen auf die Bürger und Unternehmen der EU hat und einen Verstoß gegen die im Rahmen der Abkommen zwischen der EU und den USA von 1997 und 1998 eingegangenen Verpflichtungen darstellt;

G. in der Erwägung, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen seit 27 Jahren fast einstimmig die Blockade der USA gegen Kuba verurteilt;

H. in der Erwägung, dass die Vereinigten Staaten weiterhin kubanisches Hoheitsgebiet in Guantánamo Bay besetzen, wo sie einen Marinestützpunkt und ein Militärgefängnis unterhalten; in der Erwägung, dass die Menschenrechte der Häftlinge im Militärgefängnis von Guantánamo Bay systematisch verletzt werden; in der Erwägung, dass neun Gefangene während der Haft gestorben sind; in der Erwägung, dass mehrere Berichte und ehemalige Häftlinge bestätigt haben, dass Folter und sexueller Missbrauch regelmäßig gegen Gefangene verübt werden; in der Erwägung, dass trotz der Verlegung der meisten Gefangenen im Januar 2021 einige Gefangene nach wie vor ohne Gerichtsverfahren in Guantánamo Bay festgehalten werden;

I. in der Erwägung, dass das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Parteien und zur Entwicklung von für beide Seiten vorteilhaften Beziehungen in verschiedenen Bereichen war;

J. in der Erwägung, dass das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba seit dem 1. November 2017 vorläufig angewandt wird, während die Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten noch aussteht; in der Erwägung, dass Litauen, das sich nicht gegen das Abkommen ausgesprochen hat, der einzige Mitgliedstaat ist, der das Abkommen nicht ratifiziert hat;

K. in der Erwägung, dass das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba bisher ein Erfolg war und zu einer Institutionalisierung der Beziehungen und der Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba auf einer beispiellosen Konsolidierungsebene geführt hat, insbesondere im Zusammenhang mit den drei Hauptkapiteln des Abkommens über den politischen Dialog, den sektoralen Dialog und die Zusammenarbeit;

L. in der Erwägung, dass Kuba eine weltweite Referenz in der so genannten Süd-Süd-Kooperation ist und eng mit Ländern in seiner Region und in der ganzen Welt bei Projekten zur Förderung der Menschenrechte, einschließlich sozialer und wirtschaftlicher Rechte und der Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, zusammenarbeitet;

M. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit Kubas im Bereich der Gesundheitsversorgung angesichts der wichtigen humanitären Rolle, die Kuba in mehreren Ländern spielt, von besonderer Bedeutung ist; in der Erwägung, dass der medizinischen Brigade Henry Reeve („Henry Reeve Medical Brigade“) mit über 1 500 Ärzten und Krankenpflegern im Kampf gegen COVID-19 derzeit eine grundlegende Rolle zukommt; in der Erwägung, dass die Brigade seit dem Ausbruch der Pandemie 57 Missionen in 40 verschiedene Länder, darunter EU-Mitgliedstaaten, entsandt hat;

N. in der Erwägung, dass es Kuba trotz der wirtschaftlichen und handelspolitischen Schwierigkeiten infolge der US-amerikanischen Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gelungen ist, seine eigenen Impfstoffe – Soberana 02 und Abdala – zu entwickeln, die sich in der letzten Phase ihrer klinischen Prüfung befinden; in der Erwägung, dass die Entwicklung dieser Impfstoffe angesichts der Schwierigkeiten Kubas beim Zugang zu internationalen Märkten schätzungsweise zwischen 50 % und 65 % teurer war, als es ohne die Blockade der Vereinigten Staaten der Fall gewesen wäre;

O. in der Erwägung, dass Kuba seine Verfassung im Jahr 2019 durch einen partizipativen Prozess geändert hat, der in einem Referendum endete; in der Erwägung, dass die neue Verfassung von über 86 % der kubanischen Bürgerinnen und Bürger unterstützt wurde;

P. in der Erwägung, dass Kuba zu den Ländern gehört, die die meisten internationalen Menschenrechtsinstrumente ratifiziert haben, und dass Kuba die Menschenrechte verfassungsmäßig garantiert, unter anderem das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, die Vereinigungsfreiheit und die Freiheit der friedlichen Versammlung, das Recht auf Gleichheit, die sexuellen und reproduktiven Rechte, die Nichtdiskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität, den Zugang zu angemessenem Wohnraum sowie eine kostenlose und universelle Gesundheitsversorgung und Bildung;

Q. in der Erwägung, dass Kuba im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter in seiner Region eine führende Rolle zukommt; in der Erwägung, dass Artikel 43 der kubanischen Verfassung die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen, auch in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur, Beschäftigung, Soziales und Familie, vorsieht; in der Erwägung, dass 53 % der Sitze in der kubanischen Nationalversammlung von Frauen besetzt sind; in der Erwägung, dass die kubanische Regierung positive Maßnahmen ergreift, um die Gleichstellung aller Frauen zu fördern, einschließlich der Frauen aus Gruppen, die in der Vergangenheit besonders ausgegrenzt wurden, wie etwa afrokubanische Frauen; in der Erwägung, dass Kuba eines der wenigen Länder in Lateinamerika und der Karibik ist, das den uneingeschränkten Zugang zu sexuellen und reproduktiven Rechten sicherstellt;

R. in der Erwägung, dass die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen die Bemühungen Kubas um die weltweite Beseitigung von Hunger und Unterernährung zur Kenntnis nimmt; in der Erwägung, dass mit dem kubanischen Landwirtschaftsmodell, das auf dem Grundsatz der Nahrungsmittelsouveränität beruht, der universelle Zugang zu Grunderzeugnissen erreicht wurde;

S. in der Erwägung, dass durch den freien und universellen Zugang Kubas zu Gesundheitsversorgung und Bildung es dem Land ermöglicht wurde, in diesen Bereichen zu den am weitesten entwickelten Ländern der Welt zu gehören; in der Erwägung, dass die Qualität des kubanischen Bildungswesens dazu führt, dass Tausende von Studierenden aus Lateinamerika und anderen Ländern eine Hochschulausbildung in Kuba absolvieren; in der Erwägung, dass der starke öffentliche Forschungssektor Kubas für wichtige Entwicklungen in den letzten Jahren verantwortlich ist, wie etwa die Beseitigung der Übertragung von HIV und Syphilis von der Mutter auf das Kind;

T. in der Erwägung, dass die derzeitige Nationalversammlung der Volksmacht Kubas im März 2018 gewählt wurde; in der Erwägung, dass die Nationalversammlung Miguel Díaz-Canel im April 2019 gemäß den verfassungsmäßigen Vorschriften Kubas zum Präsidenten gewählt hat; in der Erwägung, dass er der erste Präsident ist, der nach der kubanischen Revolution geboren wurde, was die Konsolidierung des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Modells von Kuba bestätigt;

U. in der Erwägung, dass alle Menschen das Recht auf Selbstbestimmung haben und daher die Entwicklung ihres eigenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Modells frei bestimmen können;

1. bekundet seine uneingeschränkte Solidarität mit der kubanischen Bevölkerung in Bezug auf die anhaltenden Herausforderungen, denen sie sich in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung aufgrund von Auferlegungen durch ausländische Mächte gegenübersieht;

2. fordert die sofortige Aufhebung der von den USA verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade und aller anderen einseitigen Zwangsmaßnahmen sowie die Streichung Kubas von der Liste staatlicher Förderer des Terrorismus;

3. verurteilt die Folgen der extraterritorialen Anwendung der US-amerikanischen Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade und der Abschnitte III und IV des Helms-Burton-Gesetzes für die EU-Bürger und fordert die Regierung der USA auf, diese Praxis unverzüglich einzustellen; fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit anderen Ländern Maßnahmen zu entwickeln, um den Auswirkungen dieser Politik entgegenzuwirken;

4. fordert die sofortige Schließung des Marinestützpunkts und des Militärgefängnisses in Guantánamo Bay und den Abzug aller US-amerikanischen Streitkräfte aus dem kubanischen Hoheitsgebiet; fordert die Regierung der USA auf, die Achtung der Menschenrechte der in Guantánamo Bay verbliebenen Gefangenen, einschließlich ihres Rechts auf ein faires Verfahren, sicherzustellen;

5. fordert, dass die Beziehungen zwischen der EU und Kuba auf der Grundlage des Dialogs und der Zusammenarbeit bei gemeinsamen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der vollständigen Verwirklichung der in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung festgelegten Ziele gestärkt werden;

6. hebt den Stellenwert des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba als Schlüsselinstrument zur Förderung des Verständnisses und der für beide Seiten vorteilhaften Beziehungen zwischen der EU und Kuba hervor; fordert die Staatsorgane Litauens auf, das Abkommen unverzüglich zu ratifizieren;

7. betont die Rolle Kubas bei der Förderung der Menschenrechte auf regionaler und internationaler Ebene; hebt die Anstrengungen der kubanischen Regierung und der kubanischen Bevölkerung im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung sowie die wichtige Rolle des Landes bei der Förderung dieser Ziele hervor;

8. würdigt die wichtige Rolle Kubas im weltweiten Kampf gegen die COVID-19-Pandemie und insbesondere die Rolle der medizinischen Brigade Henry Reeve, die ein Beispiel für Solidarität ist und dank ihrer Ärzte und Krankenpfleger dazu beigetragen hat, Leben in der ganzen Welt, auch in der EU, zu retten; begrüßt die Nominierung der medizinischen Brigade Henry Reeve für den Friedensnobelpreis;

9. verurteilt die Instrumentalisierung der Menschenrechte für politische Zwecke mit dem Ziel der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Republik Kuba durch mehrere politische Kräfte in der EU und im Europäischen Parlament; fordert den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, weiterhin eine unabhängige, auf Dialog und Zusammenarbeit basierende politische Strategie zu verfolgen und nicht den konfrontativen Ansatz der USA zu wiederholen;

10. betont, dass alle Nationen ein Recht auf Selbstbestimmung haben, was ihnen das Recht einräumt, ihr eigenes wirtschaftliches, politisches und soziales Modell zu wählen und zu entwickeln;

11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung und der Nationalversammlung der Republik Kuba, der Parlamentarischen Versammlung Europa–Lateinamerika sowie den regionalen Organisationen Lateinamerikas, einschließlich der Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerika und der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten, zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 9. Juni 2021
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