Die Kirche muss mit der Zeit gehen – sonst geht sie mit der Zeit

Es gibt sie noch, die progressiven Geistlichen in der katholischen Kirche: Mit seiner Aussage "Homosexualität ist gottgewollt" hat sich Aachens Bischof Helmut Dieser klar zu einer menschlichen katholischen Kirche bekannt. Und das ist nicht die einzige These, mit der der Gottesdiener provoziert: Er will nicht nur homosexuelle Paare segnen, sondern fordert Neueinschätzungen für Verhütungsmittel wie die Pille und Kondome.

Für manch Katholiken vom alten Schlag dürften diese Aussagen zu blankem Entsetzen führen. Doch das, was Dieser und im Übrigen auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf anmerken, ist das viel gepriesene, kleine Senfkorn Hoffnung, das beim 4. Treffen zum Synodalen Weg still vor sich hinkeimt. Denn wenn die Kirche fortbestehen will, muss sie zwangsläufig ihre altbackenen Sichtweisen ablegen und weltoffener werden – natürlich ohne dabei ihre moralische Instanz zu verlieren.

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Die Aussagen und Positionen von Dieser und Kohlgraf widersprechen zwar den Auffassungen der Zentrale der katholischen Weltkirche, doch hat nicht auch Galileo Galilei mit seinem heliozentrischen Weltbild (die Sonne steht im Mittelpunkt unseres Universums) der Kirche widersprochen und später von ihr Recht bekommen? Und zeugt es nicht von Nächstenliebe, andere Lebensformen zu tolerieren, wenn sie nicht die eigene Freiheit einschränken?

Es sind vereinzelte Stimmen in der Kirche, die Mut machen. Sie müssen gehört und ernst genommen werden. Die Kirche muss mit der Zeit gehen. Wenn sie sich dagegen wehrt, wird sie mit der Zeit gehen – und das ewige Licht erlischt.