Das neue Jahr ist noch keine Stunde alt, da wird Roland E. von einem Knall aus dem Schlaf gerissen. Er erhebt sich von der Couch, schaut aus dem Fenster und sieht, wie Kinder Raketen in die Luft jagen, wie sie Böller werfen, wie sie lachen und jubeln. Roland E. wird wütend. Wahnsinnig wütend.

Er geht in den Keller, holt seine Pistole, nimmt die Munition aus dem Schrank und lädt die Waffe durch. Dann steigt er die Treppe wieder hinauf und verlässt das Haus, läuft durch seinen Garten, biegt um eine Ecke und feuert seine Pistole drei- oder viermal ab, "horizontal mit flachem Winkel", wie der ermittelnde Staatsanwalt später sagen wird. Er schießt also nicht in die Luft, er zielt auf fröhliche Kinder. Ganz bewusst. Und er trifft. Er tötet ein elfjähriges Mädchen, das in diesem Jahr zum ersten Mal ohne Eltern Silvester feiern darf.