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50 Jahre soziale »Leuchttürme«

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Die Stadt Karben entsteht. Sitzend von links: Die Bürgermeister Schneider (Rendel), Müller (Okarben), Reutzel (Klein-Karben), Brauburger (Groß-Karben) und Felber (Kloppenheim). Dahinter die 1. Beigeordneten Hau, Heide, Hess, Sennefelder und Gottschalk (ebenfalls von links). 	FOTOS: SCHENK/PRIVAT
Die Stadt Karben entsteht. Sitzend von links: Die Bürgermeister Schneider (Rendel), Müller (Okarben), Reutzel (Klein-Karben), Brauburger (Groß-Karben) und Felber (Kloppenheim). Dahinter die 1. Beigeordneten Hau, Heide, Hess, Sennefelder und Gottschalk (ebenfalls von links). FOTOS: SCHENK/PRIVAT © Jürgen Schenk

Nicht nur die Stadt Karben feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Auch der Ortsverein der Sozialdemokraten hat sich 1970 gegründet. In einer Jubiläumsschrift blicken die Aktiven auf bewegende Momente zurück. Doch bereits vor der Stadtgründung war die SPD aktiv an der Entwicklung der einzelnen Gemeinden beteiligt.

E s ist ein Foto, das sich die Karbener Sozialdemokraten gerne einrahmen: Fünf Bürgermeister unterzeichnen eine Urkunde von großer Tragweite - und alle fünf sind von der SPD. Das Bild ist vom 1. Juli 1970, dem Gründungstag der Stadt Karben. In Schwarz-Weiß wirkt es wie aus einer längst vergangenen Epoche. 50 Jahre sind seither ins Land gegangen. Oder anders ausgedrückt: Ein halbes Jahrhundert, in dem Karben sein Aussehen stark verändert hat. Geprägt von sozialdemokratischer Politik, wuchs die Stadt in ihrer Bedeutung. Und es ist kein Zufall, dass in diesem Jahr Karben und die SPD vor Ort den gleichen Geburtstag feiern.

Neues Parlament mit 25 Sitzen

Zunächst waren es die vorher selbstständigen Gemeinden Groß-Karben, Klein-Karben, Okarben, Rendel und Kloppenheim, die sich zusammenschlossen. Vertreten wurden sie durch ihre Bürgermeister Erich Brauburger, Günther Reutzel, Carl Müller, Philipp Schneider und Edmund Felber. Burg-Gräfenrode kam 1971 und Petterweil 1972 dazu. Erster Bürgermeister der Stadt Karben war Gerd Klein (SPD/ÜWG). Seine Amtszeit dauerte allerdings nur bis zur Eingemeindung Petterweils, also knapp zwei Jahre. Danach kam der langjährige Petterweiler Bürgermeister Albert Schäfer in Amt und Würden. Es heißt, er sei sehr beliebt gewesen. Viele betrauerten seinen baldigen Tod. Auf Schäfer folgten mit Paul Schönfeld, Detlev Engel und Roland Schulz drei weitere SPD-Bürgermeister.

Am 27. September 1970 fanden die ersten Wahlen auf kommunaler Ebene statt. Das neue Parlament, die Stadtverordnetenversammlung, hatte 25 Sitze. Die SPD erreichte 14 Mandate und somit die absolute Mehrheit. Es zogen drei Parteiangehörige aus Groß-Karben, vier aus Klein-Karben, drei aus Okarben sowie jeweils zwei Rendeler und Kloppenheimer in das Parlament ein. Im gleichen Jahr wurde auch der SPD-Ortsverein Karben aus der Taufe gehoben.

Horst Preißer ist nicht nur ein exzellenter Kenner der Petterweiler Ortsgeschichte, sondern auch politisch sehr interessiert. Seit mehr als zehn Jahren ist er Vorsitzender des Karbener Seniorenbeirates. Der 81-Jährige bewegt sich immer nah am kommunalen Geschehen. »In Petterweil gab es früher eine breite Mehrheit für die SPD«, sagt er. »Über 50 Prozent der Einwohner gaben dieser Partei ihre Stimme.«

Jubiläumsschrift mit interessanten Infos

Tatsächlich war der Ort lange so etwas wie die letzte SPD-Bastion innerhalb Karbens. Mit Adolf Koch steht noch immer ein alt gedienter Ortsvorsteher der SPD an der Spitze. In den anderen Stadtteilen hatten es engagierte CDU-Politiker früher geschafft, ihre Partei nach vorne zu bringen. Nicht so in Petterweil. Umgewichtungen in der Wählergunst und Zuzug von Neubürgern spielten dort keine so große Rolle. »Und eine politische Gesinnung nach Konfessionszugehörigkeit ebenfalls nicht«, ergänzt Preißer. »Das klassische Beispiel katholisch wählt CDU, evangelisch wählt SPD gibt es in der heutigen Zeit nicht mehr.« Im Jahr 2010 verschwanden die alten Machtverhältnisse in Gesamt-Karben. Nach 40 Jahren wurde Guido Rahn zum ersten CDU-Bürgermeister der Stadt gewählt.

In der Jubiläumsschrift »100 Jahre SPD in Karben« wird Interessantes berichtet. Demnach gab es bereits 1961 Denkanstöße für einen möglichen Zusammenschluss von Groß- und Klein-Karben. Sie wurden aber zunächst verworfen, weil es noch zu große Unterschiede beim Kanal- und Wegebau in den Orten gab. Man befürchtete Mehraufwendungen und Schulden. Ende der 60er Jahre wurde die Situation in den mehrheitlich SPD-geführten Gemeinderäten neu bewertet.

Bis dahin waren in Klein-Karben 13 Kilometer Ortskanalisation, drei Pumpwerke und eine Kläranlage entstanden. In Groß-Karben drängte die SPD zur Stadtgründung. 1970 wurde dann aus der Idee Wirklichkeit. Eine umfangreiche Liste von Projekten, die für die Stadt Karben umgesetzt wurden soll schon bald als Retrospektive »Leuchtturmprojekte« in der Partei-Zeitschrift »Karbener Spiegel« erscheinen.

Und man muss anerkennen: Nahezu alle wichtigen Errungenschaften der Stadt gehen auf Initiativen der Sozialdemokraten zurück. Kurt-Schumacher-Schule, Schulsozialarbeit, Hallenfreizeitbad, Jugendkulturzentrum, Kläranlage, Gewerbegebiete und ASB-Seniorenzentrum sind nur einige davon. »Selbst die Idee einer nördlichen Umgehungsstraße kam ursprünglich von uns«, erinnert Christel Zobeley. »Das war in den 50er Jahren, lange vor der Stadtgründung.«

Eine Festveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen des SPD-Ortsvereins wird es laut Zobeley nicht geben. Auch der Plan, auf der Festmeile im Sommer einen Stand aufzuschlagen, wurde verworfen. Das sei parlamentarisch entschieden worden, erklärt die Groß-Kärberin. »Keine Partei wird dort vertreten sein.« jsl

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