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DIE WELT

Siegermächte: Potsdamer Abkommen rechtmäßig

Grundlage war internationales Recht

Bonn - Die Botschaften der USA, Großbritanniens und Rußlands in Prag haben die Rechtmäßigkeit des "Potsdamer Abkommens" bekräftigt, das von der tschechischen Regierung als Legitimation der Vertreibung der Sudetendeutschen herangezogen wird. Allerdings haben die Diplomaten der Großen Drei von 1945 mit ihrer am Mittwoch abgegebenen Erklärung nicht von sich aus in den Streit "eingegriffen", der sich an Äußerungen von Bundesaußenminister Klaus Kinkel entzündet hatte. Kinkel war mit der Bemerkung zitiert worden, das Abkommen sei keine rechtliche Grundlage für die Vertreibung. Die Botschaften antworteten auf Journalisten-Fragen übereinstimmend: Das Potsdamer Abkommen sei auf der Grundlage internationalen Rechts geschlossen worden. Auf den Dissens zwischen Bonn und Prag gingen sie nicht ein. Regierung und Medien der Tschechiens, die zunächst die Kinkel-Bemerkungen als eine Erschütterung der Grundfesten ihres Staates bezeichnet hatten, bemühen sich jetzt um Dämpfung des Streits. Artikel XIII einer von Josef Stalin (Sowjetunion), Harry Truman (USA) und Clement Attlee (Großbritannien) am 2. August 1945 in Potsdam unterzeichneten Erklärung lautet, die drei Regierungen "erkennen an, daß die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt" werden müsse. "Sie stimmen darin überein, daß jede derartige Überführung in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen muß." Deutschland war nicht vertreten. Truman schrieb am 15. Januar 1946 an seinen Außenminister James F. Byrnes: "In Potsdam wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt und durch die Umstände gezwungen, zuzustimmen. Es war ein willkürlicher Gewaltakt." Byrnes selbst gab zu Protokoll: "Wir sahen ein, daß gewisse Aussiedlungen unvermeidlich waren, aber wir beabsichtigten nicht, zu Aussiedlungen anzuregen." In diesem Sinne äußerte sich ein vom US-Kongreß eingesetzter Ausschuß. In dem sogenannten Walter-Report hieß es 1950, die US-Delegation in Potsdam habe dem Artikel XIII nur deshalb zugestimmt, um die unvermeidliche Vertreibung der noch verbliebenen Deutschen in geordneter Weise verlaufen zu lassen und um das besetzte Deutschland denen zu öffnen, "die mit Deportationen nach den fernen subarktischen Gebieten Sowjetrußlands bedroht waren, was ihrer Vernichtung gleichgekommen wäre". Historiker und Völkerrechtler meinen, daß der Artikel XIII keinesfalls den Charakter eines Gebots der Vertreibung hatte. Der von den Grünen mit einem Gutachten beauftragte Professor Christian Tomuschat kommt zu dem Ergebnis, daß die Potsdamer Beschlüsse Prag keinen gegenüber Deutschland wirksamen Rechtstitel verschafft hätten.


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