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Asterix, Obelix und Co sind eure beliebtesten Comic-Helden. Doch wisst ihr auch, dass sie in Deutschland erst als Germanen und später in der falschen Reihenfolge veröffentlicht wurden? Schnappt euch euren Passierschein A38 und schaut, welche Alben ihr unbedingt lesen solltet.

Die Gallier aus dem kleinen Küstendorf in Aremorica kennt hierzulande vermutlich jeder. Und auch die Geschichte, dass Obelix als kleines Kind in den Zaubertrank gefallen ist, sollte inzwischen hinreichend bekannt sein. Eine Kindheit in Deutschland ist ohne die freundlichen Gallier nur schwer vorstellbar, sei es durch die Filme, die Comics oder andere Produkte, wie Brettspiele oder Abenteuerspielbücher. Wir widmen uns hier dem ganzen Phänomen und feiern mit euch den Sieg bei der Comic-Weltmeisterschaft.

Die Geschichten

„Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt … Ganz Gallien? Nein!“ So beginnen nahezu alle Asterix-Alben auf Deutsch. Wir folgen hier den Abenteuern von Asterix, dem kleinen, klugen Gallier, und seinem großen dicken Freund Obelix (und seit dem Band „Tour de France“ auch dem kleinen Hund Idefix). Der Zaubertrank gibt ihnen unmenschliche Stärke, aber meistens schafft es Asterix, durch seine Raffinesse die Probleme zu lösen, ohne dass einfach alle verprügelt werden. Eine ordentliche Keilerei ist aber trotzdem Teil jedes Albums.

Die bebilderte Geschichte, in der man erfährt, wie es dazu kam, dass Obelix als Kind so viel vom Zaubertrank getrunken hat, ist eine Ausnahme von der Zwei-Plot-Regel.

John Gardner hat einmal gesagt, dass es nur zwei Plots gibt: Ein Mann geht auf eine Reise und ein Fremder kommt in die Stadt. Zumindest auf die Asterix-Comics trifft das zu. Hier gibt es die Reiseabenteuer, welche den größten Teil der Alben ausmachen und bei denen man ironisch mit den Klischees der besuchten Region oder Gesellschaft umgeht, und wir haben die Abenteuer, in denen irgendeine neue Person in das kleine Dorf in der heutigen Bretagne kommt und die althergebrachte Struktur auf den Kopf stellt. Letztere Geschichten eignen sich besonders gut für Gesellschaftskritik, die auch immer subtil eingebaut wird. Die Römer stehen dabei oftmals für das bürokratisierte und moderne Frankreich, während ihnen das gallische Laissez-faire entgegengestellt wird.

Ein zentrales Element aller Geschichten sind die Running Gags. Durch stetige Wiederholung wird eine Erwartungshaltung aufgebaut, die dann immer mal wieder durchbrochen werden kann, die aber auch auf Grund der Wiederholung schon lustig ist. So finden sich in fast allen Heften Begegnungen mit einer Truppe von Piraten, die meistens damit enden, dass deren Schiff versenkt wird. Oder die Abenteuer enden mit einem großen Gelage, zu dem der Barde Troubadix immer gefesselt wird, damit niemand seinen schrecklichen Gesang hören muss.

Die Namen der Figuren sind in der Regel auch kleinere Witze und enthalten Anspielungen. Dabei enden die Namen von männlichen Galliern immer auf „-ix“, angelehnt an den Namen des großen Gallierführers Vercingetorix, der zur Zeit der Geschichten von Cäsar besiegt wurde. Die Namen der weiblichen Gallier enden stets entweder auf -a oder -ine. Der Name Asterix selbst kommt vom griechischen Wort ἀστερίσκος und bedeutet Sternchen.

Die Comics

Der 1977 verstorbene Texter René Goscinny.

Der erste Asterix-Comic von Autor René Goscinny und Zeichner Albert Uderzo erschien 1959 in der Zeitschrift Pilote. Dabei gab es in jeder Ausgabe eine oder zwei Seiten, die sich später zur gesamten Geschichte zusammensetzten. Das führte dazu, dass diese Seiten meistens in einem Panel endeten, das unbedingt Lust auf mehr machen sollte. Schaut man sich heute die älteren Asterix-Alben an, entdeckt man einige dieser Cliffhanger. Auch als Kind war es mir nur schwer möglich, einen gerade gelesenen Band wieder wegzulegen, wenn ich einmal damit angefangen hatte. Diese Erzähltechnik hatte mit Sicherheit auch großen Einfluss auf den Erfolg der Comics.

Der große Umbruch kam mit dem Band Asterix bei den Belgiern im Jahr 1977, als Goscinny während der Arbeiten daran in der Folge eines Herzinfarkts starb. Uderzo wurde per Gerichtsbeschluss dazu verpflichtet, den Band zu Ende zu stellen, obwohl es Goscinnys letzter Wunsch war, dass dieses Album ohne ihn nicht abgeschlossen wird. Daraufhin zerstritten sich Uderzo und der Dargaud-Verlag, und Uderzo gründete einen eigenen Verlag: Les Editions Albert René, der auch heute noch für die Fertigstellung neuer Asterix-Comics verantwortlich ist.

Zeichner und später auch Texter Albert Uderzo.

Wechselnde Verleger, neue kreative Verantwortliche

Sowohl Text als auch Zeichnungen stammten danach von Albert Uderzo. Die Erzählungen kamen direkt in Albenform auf den Markt, und das sogar zeitgleich in den verschiedenen Sprachen. Denn Asterix war schon längst ein internationales Phänomen geworden. Uderzos letztes Album sollte die nicht sonderlich gelungene Jubiläumsausgabe Asterix und Obelix feiern Geburtstag aus dem Jahr 2009 sein. Der Verlag wurde danach an Hachette verkauft.

Beginnend mit dem 35. Band der Reihe Asterix bei den Pikten ist für die Comics ein neues Kreativteam verantwortlich: Jean-Yves Ferri ist der neue Autor und Didier Conrad der neue Zeichner der Reihe. Seitdem erscheint alle zwei Jahre eine neue Ausgabe, um die bis kurz vor der Veröffentlichung immer ein großes Geheimnis gemacht wird. Man kann aber im Oktober 2019 mit der nächsten Ausgabe rechnen, wenn Ferri und Conrad ihren Takt weiterhin beibehalten.

Die Übersetzungen

„Siggi und die goldene Sichel“ erschien 1965 in Lupo modern.

Die erste deutsche Übersetzung der Comics trug den Namen „Siggi und Babarras“. Hier wurden die Geschichten leicht umgeschrieben und von der Küste Frankreichs an das rechte Ufer des Rheins verlegt.

Rolf Kauka war für die Bearbeitung verantwortlich und brachte auch ein paar politische Botschaften in die Hefte, die teilweise antisemitisch und antikommunistisch waren. Diese Veröffentlichungspolitik wurde aber durch Dargaud unterbunden, und es gab eine Gerichtsverhandlung wegen Vertragsbruch.

Eine authentische Neubearbeitung fand ab 1968 unter der Übersetzung von Gudrun Penndorf statt. Sie schaffte es vorzüglich, viele Sprachwitze ins Deutsche zu übertragen oder mit einem leicht anderen Ton zu versehen. Der letzte Band für den sie verantwortlich war, war das Album Nr. 29 Asterix und Maestria.

Dank des großen Erfolgs der Reihe wurden auch diverse Mundartbände verlegt, in denen Asterix schwäbisch, plattdeutsch oder bairisch spricht. Kombiniert mit den Übertragungen ins Latein oder Esperanto leistet Asterix so seinen Beitrag zum Erhalt vieler Sprachen.

Die Filme

„Asterix erobert Rom“, die Verfilmung, die nie eine Comicvorlage hatte.

Wenn man Leute fragt, was ihr liebster Asterix-Band ist, so antworten viele mit Asterix erobert Rom, dabei hat es diesen Comic niemals gegeben. Dieser äußert beliebte Film hat aber alles, was die Leute an dem kleinen Gallier so lieben. Er ist der einzige Film des Studio Idéfix, das gegründet wurde, um eigene Geschichten der Gallier für das Medium Kino zu erzählen. Sowohl in den französischen, als auch in den deutschen Sprachgebrauch ist dabei der Passierschein A38 geflossen, der immer wieder benutzt wird, um übertriebene Bürokratie zu persiflieren.

Die Kinoauswertung der ersten beiden Filme Asterix, der Gallier und Asterix und Kleopatra fiel mit den deutschen Erstausgaben der korrekten deutschen Veröffentlichung der Comics zusammen. Dadurch hat sich auch die Reihenfolge der deutschen Ausgaben im Vergleich zur Originalausgabe geändert. Asterix und Kleopatra wurde zu Band zwei, obwohl es eigentlich das sechste französische Album ist. Man merkt das daran, dass hier Idefix auftritt, der erst in einer späteren Ausgabe eingeführt wird.

Der ganze Rest

Alea iacta est – für viele ist dies nur ein lateinisches Sprichwort, das wie viele andere in den Asterix-Bänden erwähnt wird. Ich persönlich verbinde damit großartige Spielerfahrungen mit den vier Abenteuerspielbüchern Das Gipfeltreffen, Der Helle Barde, Die Hinkelsteinfälscher und Das große Spiel. DSA-Spieler würden diese Bände vermutlich als Soloabenteuer bezeichnen. Hauptsächlich geht es darum Entscheidungen zu treffen und sich so von Nummer zu Nummer durch das Buch zu arbeiten. Man spielt den jungen Gallier Grautvornix, der aus dem Band Asterix und die Normannen bekannt ist.

Wie Obelix als kleines Kind in den Zaubertrank geplumst ist ist ein wunderbares Kleinod in Form einer bebilderten Geschichte. Sie spielt im Kindesalter von Asterix und Obelix, und man erfährt hier endlich, wie es dazu kam, dass Obelix als Kind so viel vom Zaubertrank getrunken hat und warum die Wirkung dauerhaft anhält.

Auch erwähnenswert sind Plagiate wie Asterix in Bombenstimmung oder Asterix und das Atomkraftwerk, in denen einzelne Panels aus bekannten Alben geklaut und in einen neuen Kontext gesetzt wurden. Hier geht es meistens darum, eine politische Botschaft zu erzählen. Mitte der 80er Jahre wurden diese jedoch verboten und der Handel mit ihnen untersagt.

Außerdem gibt es noch Computerspiele, Brettspiele, Mal- und Bastelbücher und vieles mehr. Das würde aber dem Umfang dieses Betrages sprengen.

Leseempfehlungen

Asterix als Gladiator

Die ersten drei herausgegebenen Alben (Asterix der Gallier, Die goldene Sichel und Asterix und die Goten) kann man historisch noch als Experimente betrachten, bei denen Uderzo und Goscinny noch kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Humor und Erzählung gefunden hatten. Erst mit dem vierten Band (in Deutschland ist es Band III) fanden sie das perfekte Schema, das danach beliebig oft wiederholbar war. Hier tauchten zum ersten Mal die Piraten auf, Obelix sagte zum ersten Mal „Die spinnen, die Römer!“ und die Running Gags fanden ihren Einzug.

Wer noch keinen einzigen Band gelesen hat, kann hier perfekt einsteigen. Es geht darum, dass die Römer den untalentierten Barden Troubadix fangen und ihn als Gladiator in die Arena stecken wollen. Asterix und Obelix machen sich auf Rettungsmission, besichtigen zum ersten Mal Rom und machen sich mit der dortigen Kultur vertraut. Ob Troubadix aber am Ende des Bandes mit den anderen speisen darf, wird hier nicht verraten.

Asterix als Legionär

Der X. Band ist eine wunderbare Geschichte, in der Obelix sich verliebt und zusammen mit Asterix auf die Suche nach Tragicomix macht, den Verlobten der angebeteten Falbala. Dieser hat sich für die Fremdenlegion gemeldet, und dementsprechend führt der Weg der Helden direkt in die römische Armee. Der Comic macht sich über das Militär und deren bürokratisierte und hierarchische Struktur lustig. Er gilt zu Recht als einer der witzigsten Asterix-Comics und nimmt auch die Grundstruktur des Films Sieg über Cäsar vorweg.

Streit um Asterix

Als Band XV. im Jahr 1970 veröffentlicht wurde, war Asterix gerade auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Und so häufte sich auch Kritik an der Reihe, mit der die Macher nur schwer umgehen konnten. 

Unter anderem wurde behauptet, Asterix sei fremdenfeindlich. Die Handlung kann als Referenz darauf gesehen werden. In der Geschichte kommt mit Tullius Destructivus ein Mann ins Dorf der Gallier, der es durch geschickte Manipulation vermag, alle Gallier gegeneinander aufzubringen. So erhofft sich Cäsar, dass der Untergang des Dorfes bevorsteht und die Armeen in einer großen Schlacht das Dorf erobern. Diese Schlacht kommt auch im Band vor und ist wunderbar bebildert. Ein weiteres Highlight ist der Legionär Taubenus und seine missverstandene „psychologische Kriegsführung“. Der Band zeigt, dass Irren menschlich ist, und wie wenig man manchmal auf das Gerede von außen hören sollte.

Das Papyrus des Cäsar

Die Erwähnung dieses Bandes mag überraschen, da es sich hier um eines der neusten Werke handelt. Er mag nicht so gut sein wie Asterix in seinen Höchstzeiten. Doch auch aufgrund der Aktualität des Bandes kann er als das beste Album seit Jahrzehnten betrachtet werden. 

Der Comic nimmt das berühmteste Werk Cäsars, De bello gallico, zum Aufhänger und behauptet, dass dort ein Kapitel über die Niederlagen gegen das berühmte Küstendorf gestrichen wurde. Durch einen Whistleblower gelangt diese Schrift in eben jenes Dorf, und dort nehmen die Ereignisse ihren Lauf.

Die Erzählung ist spannend und witzig zugleich und nimmt viel Bezug auf moderne Medien und den Einfluss von Massenkommunikation. Hoffen wir, dass dieser Band ein gutes Zeichen dafür ist, dass wir auch in Zukunft noch interessante Geschichten aus dem kleinen gallischen Dorf lesen werden.

 

Artikelbilder: © Egmont Verlag, Studiocanal, Lupo modern, Fotografien: René Goscinny © Nationaal Archief Fotocollectie Anefo, Albert Uderzo © Christian Koehn, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

 

1 Kommentar

  1. Das war für mich damals eine Enthüllung, als ich die Bände das erste mal in richtiger Reihenfolge hintereinander weg gelesen habe!
    „Siggi“ ist – wohl auch altersbedingt – damals völlig an mir vorbeigegangen. Aber an Asterix und das Atomkraftwerk habe ich gute Erinnerungen! :D

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