Europa-Wärmerekord 2014 ...
Datum: 17. Dezember 2014 22:10
Nachdem nun alles ordentlich verpackt und bestätigt ist, biete ich hier einen kurzen Überblick über die ersten Ergebnisse zur Attribution der 2014er Rekordwärme in fast gesamt Mitteleuropa. Insbesondere für Schland von Interesse, da es mit Tschechien die größte Anomalie aufweist. Alle Werte sind Dec 2013 - Nov 2014, was in Anbetracht der gegenwärtigen Wetterlage vermutlich eine sehr gute Näherung für die Jan - Dec 2014 Werte sein dürfte. Hier der Vergleich (aktueller Dez mit Vorhersage bis einschließlich 24.12.)
Nachfolgend ClimateCentral ERA-Interim und meine GFS-Analysis-Anomalien für die entsprechenden Zeiträume.
Global:
Europa:
Europa dauerhaft optimal im Rücken des Jets mit dem Pazifik als ebenfalls warmen Gegenpol.
So sieht das dann im klimatologischen Kontext aus, links für Europa und rechts für Schland:
Eine absolute Hausnummer, die durch den Dezember aller Voraussicht nach eindrucksvoll bestätigt wird (siehe oben). Interessant dabei, dass wie schon anderswo diskutiert das Jahr selbst kaum durch Wärmeextreme aufgefallen ist. Die Summe hat es am Ende gemacht, die durch fehlende negative Ausreißer heuer eben etwas üppiger ausfällt.
Nun stellt sich natürlich sofort jeder die Frage, wie wahrscheinlich ein solcher Event im Vergleich zu früher geworden ist. Und hier kommt meine aktuelle Arbeit ins Spiel, die sich seit Oktober um Detection und Attribution dreht. Climate Central ist unser Partner und ich habe in Zusammenarbeit mit Fredi Otto, Peter Uhe und Myles Allen die Modellensemble-Analyse für Europa 2014 gemacht (Zeitraum Dec-Nov). Das Ganze ist eingebunden in das phantastische
[weather@home]-Projekt.
Idee ist, ein Regionales Klimamodell (Globalmodell HadAM3 mit regionaler Domain) mit beobachteten Ozeantemperaturen (SSTs) für 2014 anzutreiben und die Anfangsparameter dabei leicht zu stören. Somit erhält man hunderte Modellläufe für das gleiche Klima (600 im konkreten Fall), aber mit unterschiedlichem Wetter. Je nach Region, erhält man eine Modellaussage wie oft dort die 2014 beobachteten Werte (über Land und dem Rest der Atmosphäre darf das Modell machen was es will) im klimatologischen Mittel auftreten. Für Schland mit vergleichsweise hoher Klimavariabilität passiert das mit 2014er SSTs aller 7 Jahre. Ist also selbst unter aktuellen Bedingungen keine Selbstverständlichkeit. Das Temperaturmittel in Gesamteuropa findet sich hingegen in jedem zweiten Modelllauf wieder. Ist etwas überraschend, aber wenn man bedenkt, dass man das Modell über Europa quasi warm gezwungen hat, ist es eher das was man erwarten würde, da sowohl die Variabilität geringer ist, als auch etwas kühlere Regionen das Mittel ausbalancieren.
Wir haben uns auch das Klimamittel zwischen 2000 und 2010 hergenommen, danach ist in Europa ein Fall wie 2014 derzeit nur alle 5-6 Jahre zu erwarten.
Der "was wäre wenn" Fall, d.h. ohne anthropogenes Signal, wird ermittelt, indem man die Differenz der SSTs der CMIP5-Modelle mit und ohne anthropogenes Forcing hernimmt und von den 2014er Werten abzieht. Das ergibt dann im Schnitt ca 1.3K geringere Landtemperaturen über Europa. Unser Regionalmodell wird in diesem Fall natürlich auch mit anderer arktischer Eisbedeckung und vorindustriellen Treibhausgaskonzentrationen laufen gelassen. Wir haben etwas über 1500 Ensemble-Läufe auf die sich unsere Analyse stützt. Danach ist ein 2014er Event in vorindustriellem Klima nur ein einziges Mal aufgetreten (1 von 1500 Ensemble-Membern). Das ist zu wenig um eine robuste Aussage zu treffen, aber es zeigt die Richtung der Änderung mehr als deutlich an. Wäre im Prinzip eine Erhöhung der Wiederkehrwahrscheinlichkeit (Return time) um das 700-fache. Für kleinere Regionen wie Schland (höhere regionale Variabilität, wie zuvor bereits erwähnt), finden wir 2014er Werte in 80 Ensemble-Membern, d.h. die Return time hat sich "nur" um den Faktor 10 erhöht.
Allen Ergebnissen gemein ist, dass sie voraussetzen, dass das Modell keinen schwerwiegenden Bias hat. Das wurde von meinem Kollegen
[Neil Massey] getestet und von uns entsprechend für den Vergleich mit den Beobachtungen (CRUTEM4 und HadCRU-TS) berücksichtigt. Die regionale Variabilität wurde im Paper ebenfalls getestet (Quantile-Quantile-Plots), allerdings müssen wir hier demnächst noch eine handfestere Analsye durchführen, die dann ganz sicher auch in der peer-reviewten Literatur auftauchen wird. Ich vermute, dass die regionale Variabilität in unserem Modell etwas zu hoch ausfällt, da die Beobachtungen zurück bis ins 17.Jh eigentlich keine solchen Temperaturextreme in Zentraleuropa zeigen, siehe
[BAUR Zeitreihe]. Wir werden sehen.
Regional sehen die Return times dann wie folgt aus, links für 2014 SST, mitte für 2000-2009 Klimatologie (ebenfalls ausgedrückt in beobachteten SSTs), und rechts vorindustrielle SSTs:
Diese Ergebnisse, zusammen mit den Ergebnissen unseres holländischen Kollegen Geert-Jan van Oldenborgh (Erfinder und Betreiber des
[ClimateExplorer]) und unseren australischen Kollegen in Melbourne, hat Climate Central hier übersichtlich zusammengefasst:
[Europe record heat tied to Climate Change]
Weitergehende Details, inklusive Fact Sheet und Methodology (+ weiterer Plots) gibts hier:
[Europe: Hottest year on Record]
Soweit mein erster kurzer Bericht von der Attributionsfront. Wird sicher im Laufe der Zeit noch ein paar Updates geben. Wahrscheinlich habe ich auch noch ein paar wissenswerte Dinge vergessen, aber das lässt sich nachliefern. Antworten können allerdings ein wenig auf sich warten lassen, da ich ab morgen im Xmas-Urlaub bin.
Grüße KarSteN
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