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Deutschland Flüchtlingskanzlerin

Die Union verweigert Merkel die Gefolgschaft

Stv. Chefredakteur
Während Angela Merkel in New York Weltpolitik macht, meutern CDU und CSU gegen ihre Flüchtlingspolitik Während Angela Merkel in New York Weltpolitik macht, meutern CDU und CSU gegen ihre Flüchtlingspolitik
Während Angela Merkel in New York Weltpolitik macht, meutern CDU und CSU gegen ihre Flüchtlingspolitik
Quelle: dpa
In der Flüchtlingskrise setzen sich immer mehr CDU-Politiker von Merkel ab. Sie wollen die Einwanderungswelle eindämmen und rufen nach Leitkultur, Integrationspflicht und Verschärfungen im Asylrecht.

Die Bühne gehört wieder der Weltstaatsfrau: Angela Merkel spricht am Freitag nach dem Papst vor den UN, Merkel besucht am Samstag das Mahnmal am Ground Zero, Merkel trifft am Sonntag den chinesischen Staatschef Xi Jinping. Schöne Bilder liefert die Bundeskanzlerin gerade aus der Welthauptstadt New York, aber zu Hause tanzen die Mäuse auf dem Tisch.

In der Flüchtlingspolitik setzen sich immer mehr CDU-Politiker von der eigenen Vorsitzenden ab. Die Christdemokraten laufen gewissermaßen zu Horst Seehofer über, dem CSU-Chef, der Merkel für die zeitweise vollständige Öffnung der Grenzen scharf kritisierte.

Schon am Dienstag musste sich die Kanzlerin über drei Stunden lang Kritik in der gemeinsamen Bundestagsfraktion anhören: vor allem von CDU-Abgeordneten. Dreimal ergriff sie selbst das Wort, ohne freilich die Stimmung wenden zu können. Im Gegenteil. Vor allem ihr Ausspruch: „Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da“, verstörte einige Teilnehmer.

Ein verweigerter Handschlag wird zum Politikum

Merkels Argument, es sei besser, die Herausforderung der Integration optimistisch anzugehen, wird dabei nicht widersprochen. Immer mehr CDU-Spitzenpolitiker glauben aber, dass dies nicht die Stimmung der Stammwählerschaft trifft – und schlagen andere Töne an. Dabei gehen sie kreative Wege: Julia Klöckner, stellvertretende CDU-Vorsitzende, die in Rheinland-Pfalz die SPD-Ministerpräsidentin stürzen will, skandalisierte in dieser Woche einen Vorfall beim Besuch eines Flüchtlingslagers. Dort habe ihr ein Imam nicht die Hand reichen wollen, da sie eine Frau sei. Klöckner verknüpfte ihre Empörung mit der Forderung nach einem „Integrationsgesetz“, in dem geregelt sei, wie man Zuwanderer auf deutsche Grundwerte verpflichtet. Noch vor zwei Wochen hatte der CDU-Vorstand eine als „Einwanderungsgesetz“ verstandene Bündelung der Regeln für Zuwanderung beschlossen. Mit ihrer Aktion verschob Klöckner den Akzent deutlich.

Das wird von Flüchtlingen in Deutschland erwartet

Angela Merkel hat deutlich gemacht, was von den Menschen erwartet wird, die in Deutschland Asyl erhalten. Wichtig sei vor allem das Respektieren der Regeln und Werte der deutschen Verfassung.

Quelle: N24

Auch der CDU-Spitzenkandidat von Baden-Württemberg, wo im nächsten Jahr ebenfalls gewählt wird, ließ sich etwas Besonderes einfallen, um einen Punkt in der Flüchtlingsfrage zu machen: Guido Wolf beantragte gemeinsam mit der eigentlich mit den Grünen regierenden SPD eine Landtagssitzung und begrüßte gemeinsam mit dem Fraktionschef der Genossen Verschärfungen im Asylrecht, wie die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Flüchtlinge. Das ging gegen den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann – setzte aber auch einen deutlichen Akzent für eine Begrenzung von Zuwanderung.

Die Landesfürsten reagieren auf den Druck der Basis: Wahlkreisabgeordnete bekommen es nicht nur mit besorgten Bürgern, sondern besonders auch mit überforderten Lokalpolitikern zu tun. Parteiaustritte bestätigt sogar das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, will aber keinen Trend erkennen: Enttäuschte CDU-Mitglieder melden sich meist in ihrem Kreisverband ab, die Zentrale erfährt davon oft erst Wochen später.

Parteispitze reagiert auf Stimmungsumschwung

Der vermeintliche Streit zwischen Merkel und Seehofer ist in Wirklichkeit einer zwischen der Kanzlerin und ihrer Basis, meinen viele, die sich in der Partei auskennen. Einige sprechen das sogar offen aus: „Die meisten in der CDU meinen genau wie die CSU, dass wir jetzt weitere Signale brauchen, dass nicht alle zu uns kommen können“, sagt Steffen Kampeter, bis vor Kurzem als Staatssekretär im Finanzministerium noch Mitglied der Bundesregierung. „Wir brauchen nicht nur eine Willkommenskultur, sondern vor allen Dingen auch eine Leitkultur für die Integration. Wir müssen jetzt konsequent handeln, sonst bekommen wir Fehlentwicklungen nicht mehr eingefangen.“ Auch Kampeter spricht nicht mehr von einem Einwanderungsgesetz, sondern sagt: „Julia Klöckner hat völlig recht, wenn sie ein Gesetz zur Integrationspflicht fordert: Die Aufnahme von so vielen Flüchtlingen kann nur gelingen, wenn wir keine Parallelgesellschaften in Deutschland zulassen.“

Kanzlerin Merkel äußert sich zur Flüchtlingskrise

Die Bundeskanzlerin hat vor dem EU-Gipfeltreffen für ein gemeinsames Vorgehen Europas in der Flüchtlingskrise plädiert. Am Abend treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel.

Quelle: N24

Auch die Parteispitze hat den Stimmungsumschwung registriert – und will ihn einhegen. „Angela Merkel hat schon bei der Begegnung mit dem palästinensischen Mädchen Reem gesagt, dass nicht alle, die zu uns kommen, auch dauerhaft bleiben können“, verteidigt Generalsekretär Peter Tauber seine Chefin. Für diesen Satz sei sie damals kritisiert worden. „Die Aussage ist weiter gültig und richtig und steht keineswegs im Widerspruch zu der aus einer Notlage heraus getroffenen Entscheidung am Wochenende vor drei Wochen, kurzfristig die Grenzen zu öffnen“, findet Tauber. „Insofern muss niemand Zweifel an einer stringenten Haltung der CDU in der Asylpolitik haben.“

Und Merkel selbst? Auch die Kanzlerin ließ sich bei den UN nicht für ihre Flüchtlingspolitik feiern. Sie beschrieb die 17 Ziele, mit denen die Weltgemeinschaft Hunger, Krankheiten und Ungerechtigkeit reduzieren will, als zentral für die Bekämpfung von Fluchtursachen.

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