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Ein Mammutwerk: «Chinas Geschichte im Comic»
Aus Kultur kompakt vom 20.09.2018.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 47 Sekunden.
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Dichte Geschichte Die komplette Geschichte Chinas als Comic – funktioniert das?

Jing Liu hat die 5000-jährige chinesische Geschichte gezeichnet – alles andere als ein locker-flockiger Comic-Spass.

Angefangen hat alles mit der Geburt seines Sohnes: Jing Liu, Grafiker und Geschichtsfan, wollte ihm ein Geschenk mit auf den Weg geben. Etwas Nützliches, aus dem der Sohn auch etwas lernen könnte.

Doch schon bald wurde klar, dass dieses Projekt immer weiter ausufern würde. Bis das Werk fertig war, dauerte es neun Jahre. Dabei sind über 1000 einzelne Bilder entstanden. Aus dem Geschenk ist so ein wahres Mammutwerk geworden. Nun sind die ersten zwei Bände davon auf Deutsch erschienen.

Jing Liu

Jing Liu

Comiczeichner

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Jing Liu ist ein chinesischer Comiczeichner und Werbedesigner. Er studierte Industriedesign und Wirtschaft und ist Geschäftsführer eines Werbeunternehmens.

Keine leichte Lektüre

Schon nach wenigen Seiten wird klar: Für Leute, die locker-flockigen Comic-Spass suchen, ist die Serie «Chinas Geschichte im Comic» nichts. Ein personengetriebener Plot, der sich durch alle vier Bände ziehen würde, fehlt zum Beispiel ganz.

Von leichter Muse kann auch sonst keine Rede sein. Jeder einzelne der vier Bände ist hochverdichtet. Allein der erste deckt fast 3000 Jahre Geschichte und vier Herrschaftsdynastien ab. Jing Liu nimmt sein Vorhaben ernst, dass sein Publikum etwas lernen soll.

Eine Seite aus dem Comic.
Legende: Kindertauglich – zumindest ein Stück weit: Ausschnitt aus dem Comic. Chinabooks E. Wolf

Dieses Publikum hält er selbst für sehr breit: «Die Bücher richten sich eigentlich an alle, die mehr über Chinas Geschichte erfahren wollen.»

Klar ist: Weil die Serie als Geschenk für seinen Sohn geplant war, ist sie – zumindest ein Stück weit – auch kindertauglich. Tatsächlich gebe es bereits Schulen, die seine Bücher als Lehrmittel verwenden würden.

Die Kräfte der Geschichte

Es gehe ihm vor allem darum, die grossen Zusammenhänge herausarbeiten, sagt Jing Liu. Strukturen aufzuzeigen, die ihren Anfang vor 5000 Jahren nahmen, und die auch auf die Gegenwart immer noch Einfluss haben – zum Beispiel die dynastischen Herrschaftszyklen.

Geschichte werde immer von bestimmten Kräften angetrieben. Er wolle sein Publikum dazu zu animieren, ähnliche Kräfte auch in der eigenen Geschichte zu suchen.

Eine weitere Seite des Comic.
Legende: Die chinesische Geschichte bietet eine schier unendliche Anzahl einzelner Episoden. Chinabooks E. Wolf

Für ihn sind drei Kräfte zentral: eine wirtschaftliche, eine kulturelle und eine soziale. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte und beeinflussen ihren Lauf.

Es wimmelt von Karten und Tabellen

Gleichzeitig stehe diese Struktur aber unter dem Einfluss der Vergangenheit und weiterer Faktoren, beispielsweise den geographischen Gegebenheiten eines Landes, sagt er. Das erklärt auch, warum es in Jing Lius Büchern vor Karten und vergleichenden Tabellen nur so wimmelt.

Um das System mit den Kräften möglichst deutlich herauszuarbeiten, habe er viele persönliche Geschichten weglassen müssen, sagt der Autor. Etwa solche, die sich um einzelne Herrscher ranken.

Eine weitere Seite aus dem Buch
Legende: Hier zeigt der Autor auf, für welche Klassen das «Goldene Zeitalter» tatsächlich golden war. Chinabooks E. Wolf

Mehr Info- als Entertainment

Die Bücher aus der Serie «Chinas Geschichte im Comic» liefern einen vertieften Einblick in die Zusammenhänge und Zyklen der chinesischen Geschichte. Einen Einblick, auf den man sich aber einlassen muss.

Die Bilder, die Jing Liu verwendet, sind leicht zugänglich, zuweilen beinahe naiv. Doch die schiere Menge an Information, die in den Bildern und im sehr ausführlichen Text steckt, kann ein allzu unbedarftes Publikum auch etwas abschrecken.

Es ist offensichtlich schwer, die optimale Balance zwischen Storytelling und historischer Wissensvermittlung zu finden. Dazu passt das Genre, das der Autor schmunzelnd für seine Bücher braucht, ausgezeichnet: «Ich nenne es: ‹Graphic Nonfiction›. Es ist eine Hybridform, eine Art Infotainment.»

Buchhinweis

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Jing Liu: «Chinas Geschichte im Comic – China durch seine Geschichte verstehen.» Chinabooks E. Wolf, 2018.

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