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Trockener Humor: Ein Strip aus „Kochen mit Kafka“ (für Komplettansicht auf das rote Plus-Symbol drücken).

© Edition Moderne

„Kochen mit Kafka“: Einfach genial

„Kochen mit Kafka“ präsentiert erstmals die minimalistischen Comics des britischen Humoristen Tom Gauld auf Deutsch.                                    

Tom Gauld, der 1976 in Schottland geboren wurde, ist ein begnadeter Reduzierer und Simplifizierer – und einer der besten Cartoonisten der Gegenwart. Es beeindruckt jedes Mal von Neuem, wie wenige Striche oder Details er braucht, um viel Gehalt, Hintersinn und Witz in seine stark vereinfachten, aber wirkungsvollen Comic-Gags zu packen. Diese werden regelmäßig im „Guardian“, dem „New Yorker“ und dem „New Scientist“ abgedruckt, zudem stellt Gauld vieles auf Facebook, Instagram und Tumblr online.

Beim kürzlich erschienenen Band „Kochen mit Kafka“ handelt es sich um die erste ins Deutsche übersetzte Sammlung von Gaulds Strips, nachdem bei Reprodukt vor Jahren die Bibel-Neuinterpretation „Goliath“ veröffentlicht wurde, eine von Gaulds wenigen längeren Panel-Arbeiten, die er allerdings im selben minimalistischen Stil wie seine Strips und Cartoons umsetzte.

Klare Linie: Tom Gauld beim Zeichnen.
Klare Linie: Tom Gauld beim Zeichnen.

© Lars von Törne

„Kochen mit Kafka“ („Baking with Kafka“ im Original) ist daher die perfekte Gelegenheit, jetzt auch auf Deutsch einen Humoristen und Cartoonisten kennenzulernen, der in seinen Bilderwitzen die Gegenwart genauso beackert wie die Vergangenheit oder die Zukunft.

 Bis ins 25. Jahrhundert

 In den Strips des querformatigen Hardcovers widmet sich Gauld der klassischen Literatur, der Historie, der Leidenschaft für Bücher, der Popkultur, der Wissenschaft und besonders gerne der Fantastik und der Science-Fiction. Bei Gauld geht es um Zeitreisen, die gefloppten Kinderbücher von SF-Ikone J. G. Ballard, die Verbindung zwischen der Feen-Wiederansiedlung in 2014 und der Drachenplage in 2023, Smartphones in „MacBeth“ und „Dracula“, alternative Ausführungen von „Der weiße Hai“, David Bowies vergessene Sachbücher, die Nano-Bibliotheken von Morgen, nostalgische Roboter nach der Versklavung aller Menschen sowie die sozialen Schichten im 25. Jahrhundert.

Außerdem schickt Gauld den göttlichen Allvater Odin mit Bestsellerautor und „Sandman“-Schöpfer Neil Gaiman auf Buch-Tour, um ein paar Internet-Trolle zu erledigen, und ist generell nicht zimperlich, wenn es darum geht, den zeitgenössischen Literaturbetrieb durch den Kakao zu ziehen ...

Überlebenskampf: Ein Cartoon aus dem besprochenen Band.
Überlebenskampf: Ein Cartoon aus dem besprochenen Band.

© Edition Moderne

Stilistisch kann man Tom Gaulds Strips in der Ecke des Comic-Phänomens „Dilbert“ von Scott Adams ansiedeln, obwohl Gauld sogar noch zwei, drei Schichten Details mehr abträgt, zeichnerisch gerne noch heftiger reduziert und vereinfacht. Die Kolorierung ist konsequent rudimentär. Dass das grafisch trotzdem jedes Mal funktioniert und man selbst über seine Piktogramme und Schaubilder lachen kann, zeigt nur, dass der Schotte wirklich genau weiß, wie viel er wegnehmen und weglassen kann und wie wenig visuell genügt, um die Botschaft und die Pointe in jedem Fall zu vermitteln.

Sein trockener Humor drückt sich letztlich also auch zu einem Großteil in den nüchternen, abstrakten Zeichnungen aus, die dennoch einen hohen Wiedererkennungswert besitzen. Ein Bild von Gauld erkennt man immer auf den ersten Blick (etwa auf dem Cover zu Nicolas Dickners Roman „Die sechs Freiheitsgrade“), und dieser Signaturcharakter macht das Ganze noch beeindruckender.

Tom Gauld: Kochen mit Kafka, Edition Moderne, 160 Seiten, Hardcover, 19 Euro

Das Cover des besprochenen Bandes.
Das Cover des besprochenen Bandes.

© Edition Moderne

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