Doppel-Ausstellung Rolandseck im Japanfieber

Remagen · Eine anregende Doppelausstellung in Remagen erzählt davon, wie japanische Kunst den Westen beflügelte – und immer noch beflügelt.

Das „Magical Girl“ im japanischen Comic (Manga) „Pummelpanda“. Das Bild ist Teil der Ausstellung „Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“ im Arp Museum in Remagen.

Das „Magical Girl“ im japanischen Comic (Manga) „Pummelpanda“. Das Bild ist Teil der Ausstellung „Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“ im Arp Museum in Remagen.

Foto: dpa/Arp Museum

Die Mangas sind der Köder. Wenn die Besucher angebissen haben, werden sie erst recht die Hauptspeise zu schätzen wissen: eine Ausstellung darüber, wie Monet, van Gogh und andere große Maler des Westens Inspiration aus japanischer Kunst schöpften. „Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“ lautet der Titel einer Doppelausstellung im Remagener Arp-Museum Bahnhof Rolandseck.

Wie aus dem Japanfieber von einst, „Japonismus“ genannt, höchst unterschiedliche Gemälde vom Kostümbildnis bis zur Landschaftsdarstellung erstanden, so bietet der Manga-Teil der Doppelschau mehr als Mangas – jene Comics aus Japan, die auch hierzulande Liebhaber gefunden haben. Manga, Anime und Cosplay sind die Stichwörter, die im Bahnhof Rolandseck bildliche Gestalt annehmen.

Diese Manga-Show ist vor allem für Kinder ein Erlebnis. In einer Sitzecke lassen sich auf einer interaktiven Magnetwand Manga-Figuren aus Einzelteilen zusammensetzen und verändern. Aus einem Ritter wird unversehens eine Ritterin. So lernt man, dass Mangas auf Verblüffung, Veränderung und Zuspitzung bauen. Schwieriger ist es, Bilder aneinanderzureihen und sich die unabdingbare Erzählung hinzuzuzudenken. Nebenan kann man – Stichwort Anime – Zeichentrick- und Fantasy-Filme anschauen.

Manga und Fantasy finden zueinander im zentralen Saal, der zum Cosplay einlädt: Costumeplay, einem aufwändigen Verkleidungsspiel, das heute in Tokio einen festen Platz in der Alltagskultur hat und auch bei uns schon zum Straßenbild zählt, zuletzt rund um die Kölner „Gamescom“. Man nehme in der Ausstellung ein paar Textilien vom Kleiderbügel und eine grelle Perücke dazu, erprobe sie und vergesse nicht, sich als Prinzessin, Ritter oder Exot in den sozialen Medien zu versenden.

Durch einen Tunnel zwischen dem historischen Bahnhof und dem Neubau gelangt man zum Schwergewicht der Doppelausstellung, begleitet von einer für den Ort geschaffenen Manga-Erzählung auf der Wand. Dort spielt sich eine schwarz-weiße Jagd nach dem bilderfressenden Monster im Arp-Museum ab. Zum Glück hat es die Gemälde und grafischen Blätter der Japonismus-Schau verschont. Schon auf den ersten Blick wird man feststellen, dass die Mangas von heute und das Japan-Fieber französischer Künstler des späten 19. Jahrhunderts einen gemeinsamen Ursprung haben: die Werke Hokusais. Sie sind in der Ausstellung eingestreut zwischen Bilder von Paul Signac, Emile Bernard und Félix Vallotton. Und siehe da: Auf unterschiedliche Weise hat sich jeder von ihnen die bis dahin im Westen unbekannte japanische Kunst angeeignet. Oft beschränkt sich der Japonismus darauf, dass ein Künstler Gegenstände von fernöstlicher Anmutung ins Bild rückt und im Hintergrund japanische Holzschnitte andeutet, häufig aber hat die Kunst Japans die Maler auch zur Wahl neuer Perspektiven ermuntert, zum Blick aufs Detail, zu flächigem Malen bis an die Grenze zur Ungegenständlichkeit.

Wie sehr die Künstler im Japanfieber glühten, zeigt sich im zentralen Saal der Schau. Auf zeitgenössischen Fotografien posiert Signac als Samurai, Monet fühlt sich in seinem Speisezimmer in Giverny zwischen den Blättern seiner Sammlung japanischer Farbholzschnitte wohl. Genau diese Blätter sind jetzt erstmals in einem Konvolut außerhalb Frankreichs zu sehen, im Arp-Museum.

Im Raum links des zentralen Saals läuft man auf William Merritt Chases großformatiges Gemälde „Eine gemütliche Ecke (Der blaue Kimono)“ zu, eine würdige Darstellung seiner Ehefrau als Geisha und im Übrigen ein auch bei anderen Künstlern beliebtes Motiv. Dabei darf man nicht vergessen, dass eine Geisha ursprünglich keine Kurtisane ist, sondern eine hoch gebildete Unterhaltungskünstlerin bei Hofe.

Der rechte Saal umfasst nahezu ausschließlich Landschaften und Detailansichten von Pflanzen. Daraus tritt am meisten die geistige Haltung hervor, die den japanischen Inspirationsquellen zugrunde liegt: die Verehrung der Natur. Monets Seerosen und Weidenzweige bezeugen das, aber auch sein die Stirnwand beherrschendes Gemälde „Die japanische Brücke“, eine Verbeugung vor einem dem beliebtesten Motive der Japaner.

Die Leihgaben im Arp-Museum stammen vor allem aus dem Impressionismus-Museum in Giverny. Dort, im 500-Einwohner-Dorf, erfreuten sich zuvor 120.000 Besucher an den Bildern. Jetzt lässt Rolandseck die Menschen fiebern.

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