Geburtstag:Wehtun und Frieden stiften

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Immer direkt, immer zur Sache: Der SZ-Karikaturist, Publizist und Architekt Gabor Benedek wird an diesem Freitag 80 Jahre alt.

Von Gerhard Matzig

Als die Süddeutsche Zeitung vor zehn Jahren das Innenstadtareal verließ, um in der östlichen Peripherie von München (nahe Dagobah, das ist im "Star Wars"-Imperium ein abgelegener Sumpfplanet) ein Hochhaus zu beziehen, ließ uns der Architekt Gabor Benedek per Karikatur wissen, was ihm dazu einfällt. Zum Umzug, aber auch zur Architektur. Auf seiner Zeichnung wird das neue Hauptquartier von einem Hubschrauber attackiert, ja fast halbiert. Entmannt, könnte man sagen - in Erinnerung an Hans Hollein, der Hochhäuser in spöttischer Absicht als Erektionen der Moderne darstellte. Als sardonisch lächelnder Pilot fungiert der hochhauskritische Ex-Oberbürgermeister Georg Kronawitter.

Der boshafte Hieb der Rotoren sitzt, denn jeder weiß, was gemeint ist: Zuvor hatte ein von Kronawitter initiiertes Bürgerbegehren dafür gesorgt, dass das 150 Meter hoch geplante Gebäude des Süddeutschen Verlags nur knapp einhundert Meter in die Höhe wuchs. Benedek, der bis 2012 mehr als vierzig Jahre lang als einer der bedeutsamen Karikaturisten im Dienste der SZ seine souverän hingestrichelte Kunst mit "BEN" versah, hatte auch keine Angst davor, den eigenen Arbeitgeber und Humorismushauptabnehmer, die SZ also, zu verspotten. Benedek hat man überhaupt niemals irgendwie furchtsam erlebt. Oder gar zögerlich, vorsichtig, taktierend.

Erst war der Sport dran. Dann die Politik. Schließlich die Wirtschaft. Und manchmal hat Gabor Benedek, 1938 in Budapest geboren, als Architekt auch das Bauen der Gegenwart kommentiert als das, was es oft ist: eitel. (Foto: Catherina Hess)

Zack, auf die Zwölf: Das war und ist als Karikaturist eher sein persönlicher Stil. Wobei die Zeichnungen des am 12. Oktober 1938 in Budapest zur Welt gekommenen Ungarn, der erst nach Flucht und einem Architektur-zu-Ende-Studium an der Technischen Universität München, also Mitte der Sechzigerjahre, zum Wahl-Schwabinger (nicht: Münchner!) wurde, immer so komplex wie simpel erscheinen. Darin liegt ein irritierendes Moment seiner Karikaturen. Der sogenannte Euro-Rettungsschirm ist bei ihm insofern genau das, was als überdimensionaler Real-Schirm mit Tatü und Tata von einem Feuerwehrauto durch die krisengeschüttelte Finanzwelt gekarrt werden muss. Der Schirm als Schirm: Das ist zunächst simpel, enthüllt aber auf einer zweiten Ebene das metaphorisierende Polit-Geplapper, das stets um das, was ist, herumirrt. Ein Schirm ist ein Schirm ist ein Schirm. Zack, immer direkt, immer zur Sache, immer dorthin, wo es wehtut. Weshalb man ja auch lacht. Weinenderweise sozusagen.

Anders agiert übrigens der Architekt Benedek, der dem Karikaturisten Benedek antagonistisch gegenübersteht. Der Architekt Benedek, hervorragend ausgebildet bei Hans-Busso von Busse wie auch bei Kurt Ackermann, ist modern, aber behutsam im Umgang mit der Tradition. Häuser versteht er als Teil des Ganzen. Nicht als Spektakel. Nichts, was sich über den Rest erheben sollte. Architektur ist ihm etwas Dienendes, nichts Aufragendes. Vielleicht hat er auch deshalb so großen Spaß an der SZ-Entmannung. Man sieht das Bild und erkennt das typische Benedek-Funkeln. Als Karikaturist ist der Architekt stets bereit, sich mit allen anzulegen, als Architekt aber ist der Karikaturist zumeist um Versöhnung in der Stadtgesellschaft bemüht. Papier ist ihm eine scharfe Waffe. Glas, Stahl und Beton dagegen sollen Frieden stiften.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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