Review

2. Staffel „Luke Cage“ auf Netflix: Ein Superheld geht viral


Der „Black Panther“ wird als der erste schwarze Marvel-Held gefeiert. Dabei war Netflix 2016 mit „Luke Cage“ schon schneller. In Harlem räumt der kugelsichere Muskelmann nun in neuen Folgen auf. Und sucht nebenbei nach Einnahmequellen.

Bevor Marvel im Februar 2018 mit dem ersten schwarzen Superhelden im Kino für eine Blockbuster-Revolution sorgte und zeigte, dass es sehr wohl ein riesiges Publikum für dunkelhäutige Ensemble im Action-Segment gibt, legte Netflix bereits 2016 vor. Denn als eine von vier Serien (darunter der Totalausfall „Iron Fist“), in denen B-Helden der Comic-Schmiede exklusiv für den Streaming-Dienst verfilmt wurden, trat Mike Colter als kugelsicherer Rächer „Luke Cage“ ins Rampenlicht.

Ein Superheld mit Sponsoring-Deal

Zwar blieb die erste Staffel der Serie nicht über alle Episoden hinweg spannend, erfrischend anders war das Setting dennoch. „Luke Cage“ kämpft mit kugelsicherer Haut und übermenschlicher Stärke nicht gegen den Weltuntergang oder irgendwelche Ninjas, sondern gegen Drogendealer und Syndikate in New Yorks Stadtteil Harlem. Es läuft Rap und Soul. Die Story ist zwar nicht immer logisch, aber dafür auch nicht aufgeblasen.

https://www.youtube.com/watch?v=sB1in0KkoG4

Nach einem etwas unnötig kampfbetonten Staffelfinale ist Luke Cage zu Beginn der zweiten Staffel vor allem pleite. Die Gentrifizierung schluckt die Wohnungen und Gewerberäume seiner treuesten Leute, mit Merchandise für den Superhelden wollen sie über die Runden kommen. Cage hebt zwar weiterhin Drogenküchen mit seinen Fäusten aus, denkt aber auch über virales Marketing und Geldsorgen nach. Denn warum sollen Feuerwehrleute und Polizisten Gehalt bekommen, er aber nicht? Gute Frage eigentlich.

Mike Colter: „Die Geschichte von Luke Cage ist ein HipHop-Western“
Cage ist nicht der allerklügste Held, zeigt immer offen sein Gesicht und will zum Herz von Harlem werden. Wirklich nachvollziehbar ist das nicht, weil er somit eine wandelnde Zielscheibe ist. Für den Zuschauer entstehen dadurch aber herrlich glaubwürdige Situationen: Cage wird auf der Straße permanent um Selfies gebeten, die Nachrichten berichten über ihn und nach einem öffentlichen Test seiner neuen Kräfte kommt ein Vertreter des Sportartikelherstellers Nike und bietet dem Superhelden einen Sponsoring-Deal an. In solchen Momenten macht die Serie erstaunlich viel Sinn, dafür akzeptiert man als Zuschauer auch Roboter-Arme (für Cages Sidekick) und die Tatsache, dass der Beschützer Harlems bei den Bösen ein- und ausgeht.

Der Bushmaster (Mustafa Shakir) verleiht der Serie neuen Charme.

In der zweiten Staffel haben sich die Produzenten also glücklicherweise neue Ideen einfallen lassen, um das Superhero-Schema aufzubrechen. Die alten Krankheiten werden trotzdem in die 13 neuen Episoden mit hineingeschleppt. Die Nutzung der immergleichen Locations erinnert an eine Daily Soap, das Erzähltempo ist oft anstrengend langsam und die Dialoge sind weltfremd. Ein Gespräch zwischen Luke Cage und seinem lang verschollenen Vater, dem mittlerweile verstorbenen Darsteller Reg E. Cathey, wirkt besonders emotionslos. Schade, dass ausgerechnet die Nebenrolle in „Luke Cage“ der letzte Auftritt des „House of Cards“-Fanlieblings ist.

Die Macher der Serie scheinen selbst zu bemerken, wenn die Story und mit ihr die Binge-Watcher kurz vor dem Einschlafen sind. Und werfen dann geschickt eine kleine Action-Szene ein, in der Luke Cage wahlweise mit Maschinengewehren beschossen (uneffektiv) oder vom neuen Superschurken Bushmaster (sehr effektiv) verprügelt wird. Mustafa Shakir spielt den ebenfalls kugelsicheren Gegenspieler des Helden und wertet die zweite Staffel so weit auf, dass sie für alle WM-Boykottierer, die auf Netflix eine Alternative für die kommenden Wochen suchen, eine echte Option ist.

„Luke Cage“ startet mit der zweiten Staffel am 22. Juni 2018 bei Netflix. Alle Episoden sind direkt verfügbar. 

Netflix