Der große Nachhaltigkeitsvergleich:14 überraschende Erkenntnisse

Bohnen und Kaffeekapseln, Flugzeuge und Schiffe, Plastik und Papier: Wie umweltschädlich ist es wirklich?

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Grüner Schädling

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Quelle: imago/dpa/Bearbeitung:SZ

Da hat man sich nun schweren Herzens entschlossen, auf Hähnchenkeulen zu verzichten, um aus Gründen der Ethik und auch der Ökologie fortan vegetarisch oder gar vegan zu leben. Auf der Suche nach schmackhaftem Ersatz landen dann viele bei der Avocado. Sie dient als Butter- und Eiersatz, ist vielfältig kombinierbar, gesund dank ungesättigter Fettsäuren und vieler Vitamine. Ordentlich zermantscht lässt sie sich sogar als Peeling auf die Haut schmieren. Wen wundert es, dass die Einfuhr der etwa 400 Gramm schweren Beere boomt: Im vergangenen Jahr wurden knapp 70 000 Tonnen Avocados nach Deutschland eingeführt, 2013 waren es weniger als die Hälfte. Eine gute Nachricht für die Umwelt ist das nicht. Die Ökobilanz der Avocado ist nämlich verheerend. Am schlimmsten ist der Wasserverbrauch, mindestens 1000 Liter Wasser benötigt die Produktion eines einzigen Kilogramms Avocados; eine Studie der Universität Twente kam gar auf 2000 Liter. Das ist eine große Belastung für die oft trockenen Herkunftsländer wie Chile oder Mexiko, wo ganze Flüsse versiegt sind wegen des Wasserbedarfs der Großplantagen. Hinzu kommt noch der Energiebedarf für Transport, Kühlkette und spezielle Reifekammern. Rein ökologisch gesehen ist das nicht so viel besser als beim Industrie-Hähnchen. Hier benötigt die Produktion von einem Kilogramm Fleisch laut einer Unesco-Studie knapp 3000 Liter Wasser, es aber hat selten den Atlantik überquert. Illustrationen: Stefan Dimitrov

Christian Weber

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Geheime Ökobilanz

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Der Anteil der Verpackung ist bei Kapselkaffee wohl unübertroffen. Auf etwa sechs Gramm Kaffee kommen bei Marktführer Nespresso vier bis fünf Gramm Aluminium für die Kapsel. In der Herstellung ist Aluminium energieaufwendig, die Entsorgung der Kapseln verursacht in Deutschland einen jährlichen Müllberg von 5000 Tonnen. Dennoch behauptet Nestlé, die Umweltbilanz seines Kapselkaffees sei im Vergleich zu Filterkaffees und Vollautomaten "gut oder sogar besser". Wie kann das sein? Kurz gesagt, geht Nestlé davon aus, dass Verbraucher Kaffee dank der Kapseln besser dosieren als etwa Filterkaffee, von dem oft zu viel gebrüht werde. Zudem seien die Kapseln recycelbar. Das mag theoretisch stimmen, jedoch ist unklar, wie viele Kapseln tatsächlich im Gelben Sack landen. Nur 36 Prozent des Aluminiums stammen in Deutschland aus Sekundärstoffen, der Großteil wird also neu produziert. Einig sind sich Fachleute, dass der Anbau von Kaffee meist einen größeren Anteil an der Umweltbilanz hat als seine Verpackung. Wie gut Nespresso da abschneidet, ist unklar, denn die Details seiner Ökobilanz hält der Hersteller geheim. Im schlechtesten Fall macht die Kaffeekultivierung 70 Prozent der Umweltbelastung aus, im besten Fall ein Prozent, so eine Schweizer Studie. Kaffee mit Nachhaltigkeitssiegel, zubereitet als Filterkaffee, schneidet demnach am besten ab - sofern der gebrühte Kaffee auch ganz ausgetrunken wird.

Christoph von Eichhorn

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Weg von der Flasche

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Bizarr: Da geht die Mehrheit der Deutschen in den Supermarkt, kauft mehr oder weniger teures Mineralwasser und schleppt die Kästen nach Hause, ein paar Tage später wieder zurück. Dabei gäbe es hervorragendes Trinkwasser - nahezu kostenlos, gesundheitlich bestens kontrolliert - einfach aus der heimischen Leitung, lediglich die Bläschen fehlen. Auch die Ökobilanz von Leitungswasser stimmt. Das Schweizer Forschungsinstitut ESU-Services bewertete mit sogenannten Erdöl-Äquivalenten den Energieverbrauch unterschiedlicher Darreichungsformen von Mineralwasser. Die Werte lagen zwischen 100 Punkten (PET-Mehrwegflaschen, kurze Transportwege) und 300 Punkten (Glas-Mehrwegflaschen, lange Transportwege). Leitungswasser lag bei 0,4 Punkten. Selten finden sich derart klare Ökoverhältnisse. Nur wer weiter an der Flasche hängt, muss sich den Kopf über die Details zerbrechen: PET-Flaschen brauchen weniger Transportenergie, Glasflaschen vertragen mehr Umläufe, wichtig sind die Transportwege: "Fiji Water" von der Pazifikinsel Viti Levu ist vermutlich ökologisch nicht so super. Selbst wer auf das Prickeln der Kohlensäure nicht verzichten mag, kann auf Leitungswasser zurückgreifen. Bei Einsatz eines Sprudlers bleibt die Umweltbelastung immer noch achtmal kleiner als beim gekauften Mineralwasser, allerdings sollte das Gerät mindestens fünf Jahre lang eingesetzt werden.

Christian Weber

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Nicht in die Tüte

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Rein optisch sehen sie schon sehr natürlich und ökologisch aus, diese dicken, braunen Papiertüten, die man mittlerweile in manchen Supermarktketten erwerben muss, weil diese die früher üblichen dünnen Plastiktüten abgeschafft haben. Der Eindruck führt ein wenig in die Irre. Der wesentliche Vorteil von Papiertüten ist, dass sie schneller zerfallen und nicht 20 Jahre lang im Ozean herumschwimmen, angenommen, sie landen dort. Eigentlich sollte das bei Ländern mit funktionierender Müllabfuhr nicht allzu häufig vorkommen. Auch ist die Klimabilanz von Papier etwas besser, weil es nicht wie Plastik auf der Grundlage von Rohöl gefertigt wird. Unter dem Strich hat die Papiertüte jedoch eine ziemlich schlechte Ökobilanz, selbst nach Ansicht der Umweltverbände. So reduziert der deutlich höhere Materialbedarf den Klimavorteil. Außerdem braucht die Papiertüte sehr viel mehr Wasser und Energie für die Herstellung; sie verschlingt pro Tonne ähnlich viel Strom wie die Produktion von Stahl. Zudem werden problematische Chemikalien benötigt, die sorgfältig entsorgt werden müssen. Und spätestens wenn sie feucht werden, verlieren die Papiertüten ihre Reißfestigkeit und können nicht wiederverwendet werden. Fazit: Die Papiertüte ist kein guter Ersatz für die Plastiktüten, eindeutig besser ist eine ordentlich verarbeitete Einkaufstasche, die dauerhaft verwendet werden kann.

Christian Weber

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Elektro-Rückenwind

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Man könnte natürlich auch mit dem Rad zur Arbeit fahren, es bleibt unschlagbar mit seiner hervorragenden Ökobilanz bei niedrigen Kosten, zudem ist es in der Stadt häufig das schnellste Verkehrsmittel, und die Bewegung tut der Gesundheit gut. Bequeme, aber leidlich umweltbewusste Menschen nutzen alternativ den öffentlichen Personennahverkehr, der schon deutlich besser abschneidet als das private Auto: Linienbusse etwa stoßen laut Umweltbundesamt Treibhausgase aus, die äquivalent zu rund 76 Gramm CO₂ pro beförderter Person und Kilometer sind, Tram, S- und U-Bahn kommen auf 71 Gramm - immerhin halb so viel Emissionen wie beim Pkw mit seinen 142 Gramm. Noch viel mehr wäre aber gewonnen, wenn mehr Menschen sich zu einem Kompromiss durchringen könnten und auf E-Räder umsteigen würden. Dabei sind die rein elektrisch betriebenen E-Bikes von den sogenannten Pedelecs zu unterscheiden, die immer noch mit Muskelkraft angetrieben werden, aber von einem Motor mit maximal 250 Watt Leistung unterstützt werden. Solches Radeln mit elektrischem Rückenwind produziert etwa sechs Gramm CO₂ pro Personenkilometer, schlägt also den ÖPNV um Längen. Und anders als bei den Elektroautos versaut auch der üblicherweise bei Pedelecs eingebaute Lithium-IonenAkku nicht die Umweltbilanz: Bei Herstellung und Entsorgung entsteht nicht mehr CO₂, als ein durchschnittlicher Pkw auf 100 Kilometern Strecke ausstößt.

Christian Weber

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Heuschrecken sind öko

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Die Entscheidung, ob das Kind beim Plüschtier bleiben oder ein echtes Bio-Tier bekommen soll, steht in vielen Familien irgendwann an. Sie hat schwierige emotionale und pädagogische Dimensionen; unter Umweltgesichtspunkten fällt sie leicht: Bleiben Sie beim Plüsch. Der Energieaufwand für Herstellung und Transport eines Teddybärens hält sich in Grenzen, wie spanische Forscher im Fachmagazin Journal of Life Cycle Assessment nach der Analyse des Produkts "Winnie the Pooh Stories and Songs" berichten, dabei reicht seine Lebenserwartung häufig bis in das Erwachsenenalter des Besitzers. Wenn man ihm die Batterien wegnimmt, reduziert sich seine kumulierte Umweltbelastung um weitere 50 Prozent. Hunden und Katzen darf man ihr Futter nicht wegnehmen. So kommt es, dass nach einer aktuellen Studie im Magazin Plos One allein die 163 Millionen in den USA lebenden Hunde und Katzen rund 20 Prozent der Kalorienmenge vertilgen, die Menschen aufnehmen; ihre Fäkalienmasse beträgt rund 30 Prozent der human produzierten Menge. Die Vierbeiner verantworten 25 bis 30 Prozent der Umweltbelastungen überhaupt, die durch Tierhaltung entstehen. Ihr Konsum führt zum Ausstoß diverser Treibhausgase, die der Menge von 64 Millionen Tonnen CO₂ entsprechen. Sie wollen trotzdem was Lebendiges als Gefährten im Wohnzimmer? Wie wäre es mit Stabheuschrecken? Die haben Super-Emissionswerte.

Christian Weber

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Maximal 60 Grad

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Zwischen 4000 und 6000 Windeln macht ein Kind voll, bevor es gelernt hat, seine Körperfunktionen so weit zu kontrollieren, dass die Eltern es ohne Saugvlies durch Tag und Nacht laufen lassen. Am Ende dieser Phase wiegt der Windelberg etwa eine Tonne. In manchen Kommunen und Stadtbezirken machen volle Windeln zehn Prozent des Hausmülls aus. Naheliegende Frage: Geht das nicht besser? Verfechter der Stoffwindel, die gewaschen und nicht weggeworfen wird, wenn sie voll ist, nicken da wissend. Sie haben aber nicht unbedingt recht. Windelwascher produzieren definitiv weniger Müll, umweltfreundlicher als Einwegwindelwickler sind sie deshalb aber nicht unbedingt. Eine der bislang umfassendsten Untersuchungen dazu stammt von der britischen Umweltagentur, ist bereits fast zehn Jahre alt und kommt im Ergebnis zu einem entschiedenen "Kommt drauf an". Der Einfluss von waschbaren Windeln auf die Umwelt könne deutlich schlechter oder deutlich besser ausfallen als der von Wegwerfwindeln, "je nachdem, wie sie gewaschen werden". Nur bei maximal 60 Grad Celsius und ohne elektrischen Trockner hinterher sind Mehrwegwindeln unterm Strich umweltfreundlicher als Plastikware. Der Unterschied ist eindeutiger bei den Kosten. Da schneiden die Mehrwegwindeln deutlich günstiger ab. Allerdings nur, solange man die eigene Arbeit nicht mit einrechnet.

Hanno Charisius

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Kaufen statt waschen

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Mehr ist nicht automatisch schlechter. Im Fall eines stinknormalen Baumwollshirts kann es sogar deutlich besser sein als der unüberlegte Verzicht. Das Gros der CO₂-Emissionen entsteht nicht - wie man annehmen könnte - bei der Herstellung eines solchen Textils, sondern in der sogenannten Gebrauchsphase, also durch das tagtägliche Tragen. Die Ökoberatung Systain hat das vor Jahren penibel ausgerechnet. Untersucht wurde der durchschnittliche Lebensweg eines T-Shirts: vom Baumwollpflücken auf amerikanischen Feldern, zum Webstuhl in Bangladesch, zum Konsumenten in Deutschland und nach 55 Waschgängen in den Abfall. Gut, die modernen Waschmaschinen sind vielleicht effizienter, nicht jeder Trockner ist eine solche Klimadrecksschleuder, wie er das vor Jahren noch war. Aber an der Grundaussage hat sich nichts geändert. Sie lautet: Wer sein T-Shirt dauernd bei 60 Grad wäscht, es dann in den Trockner wirft und anschließend auch noch bügelt, der ruiniert damit die Ökobilanz des Baumwollfabrikats. Das ist dann schändlicher, als sich zwei T-Shirts zu kaufen und sie schonend zu waschen und zu trocknen. Folgerichtig lässt sich über das Sortiment im Kleiderschrank eines Menschen nur bedingt auf sein Umweltbewusstsein rückschließen. Eher müsste es heißen: Zeig mir deine Waschküche und ich sage dir, ob du ein Klimasünder bist!

Christian Gschwendtner

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Stinken zum Himmel

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Unter den vielen bedenklichen Fortbewegungsmitteln zählt das Kreuzfahrtschiff zu den bedenklicheren. Manche würde sogar sagen: Es ist das bedenklichste überhaupt. Die Aussage lässt sich ziemlich leicht untermauern. Schiffe sind nicht nur ein Treiber des Massentourismus, von denen Hafenstädte oft wenig haben - außer Touristen, die für wenige Stunden eine ganz Altstadt lahmlegen können. Schiffe verursachen auch einen großen Teil der weltweiten Schwefel- und Stickoxidausstöße. Dass einige demnächst mit flüssigem Erdgas betankt werden sollen, dürfte die Bilanz nur bedingt aufbessern. Trotzdem: So ein Kreuzfahrtschiff kann auch besser sein als sein Ruf. Zum Beispiel, wenn es allein um die Treibhausemissionen geht. Da schneidet ein schwimmendendes Hotel erstaunlich gut ab. Pro Passagier oder nach transportiertem Gewicht erzeugt fast kein anderes Verkehrsmittel weniger CO₂ als ein Seeschiff. Was auf große Güterschiffe zutrifft, gilt mit Abschlägen auch für die Kreuzfahrt. Eine Studie im Auftrag des Schweizer WWF hat ermittelt, dass 34 Kilogramm Treibstoff gebraucht werden, um einen Passagier einen Tag lang übers Meer zu schippern. Der Strom- und Wärmeverbrauch für Swimmingpools und Restaurants ist da schon miteingerechnet. Verglichen mit dem Flugzeug ist das keine schlechte Bilanz. Um einen Urlauber von München nach Mallorca zu fliegen, braucht es mehr Treibstoff.

Christian Gschwendtner

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Klima und Käse

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Pizza ist nicht gleich Pizza. Wer etwas anderes behauptet, gilt schnell als kulinarischer Frevler. Nur macht es aus Klimaschützersicht tatsächlich keinen Unterschied, ob jemand den Hefeteig selber knetet oder einfach eine Tiefkühlpizza aus dem Supermarkt in den Backofen schiebt. Beide Varianten verursachen ziemlich genau die gleichen Treibhausemissionen. Als grobe Faustregel gilt: 100 Gramm Pizza sind für einen Preis von 600 Gramm CO₂ zu haben. Das mag widersprüchlich klingen. Warum schneidet die mit viel Aufwand gefrostete Pizza nicht deutlich schlechter ab? Ganz einfach, weil Transport und Lagerung für die Umweltbilanz nicht so stark ins Gewicht fallen. Es stimmt, das Frosten verbraucht mehr Energie. Umgekehrt schützt es den Inhalt der Tiefkühlkost aber stärker und spart dadurch Verpackungsmaterial. Selbstgemachte und frisch zubereitete Pizzen nehmen sich da nicht viel. Entscheidender ist, mit welchen Rohwaren man sie bestückt. Das Freiburger Ökoinstitut hat errechnet, dass der Belag für die Hälfte der CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Das Gros entfällt dabei auf den Käse. Aber auch die Zutat Salami ist nicht viel besser. Eine zusätzliche Schreibe reicht, um die ganze Klimabilanz zu ruinieren. Traditionsbäcker werden das nicht gerne hören. Es heißt, dass sie sich künftig genauer überlegen müssen, was auf die Pizza kommt.

Christian Gschwendtner

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Auf dem Holzweg

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Ein toter Baum ist nur in den seltensten Fällen ein guter Baum. Der Schaden lässt sich aber begrenzen, wenn man ihn zum Häuserbauen verwendet. Wenigstens der im Holz gespeicherte Kohlenstoff landet dann nicht sofort wieder in der Atmosphäre. Sind Holzhäuser deswegen die besseren Häuser? Leider nein. Verglichen mit ihren Konkurrenten haben sie zwar einen Startvorteil, langfristig fällt im Holz gebundener Kohlenstoff aber kaum ins Gewicht. Auf die Nutzungsphase kommt es an. Und da liegen die Gebäude aus Ziegel, Kalksandstein, Poren- oder Leichtbeton vorne: Sie können Wärme besser speichern, Temperaturschwankungen fallen geringer aus. Folglich muss weniger geheizt werden. Das Beratungsinstitut LCEE hat den CO₂-Ausstoß für die gängigen Häusertypen im vergangenen Jahr durchgerechnet. Mit einem überraschenden Ergebnis: Demnach verursacht ein Mehrfamilienhaus aus Mauerwerk in fünf Jahrzehnten 16 Tonnen CO₂ weniger als die Variante aus Holz. Der Unterschied wird noch größer, je weiter man in die Zukunft blickt. Bedenkt man außerdem, dass kein Haus für die Ewigkeit gebaut ist, dann ist der Startbonus sowieso wieder dahin. Ein Holzhaus abreißen kann mitunter bedeuten, dass zusätzlicher Kohlenstoff freigesetzt wird. Kohlenstoff, den Bäume theoretisch immer noch speichern könnten. Wenn man sie nicht zuvor abgeholzt hätte.

Christian Gschwendtner

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Grüne Seiten

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Das Buch mag ein Kulturgut sein, ökologisch unbedenklich ist es nicht. Darauf hat der britische Wissenschaftler David Reay schon vor Jahren hingewiesen. Nach seinen Berechnungen werden durch die Herstellung eines einzigen Buchs drei Kilogramm CO₂ freigesetzt. Eine erschreckend hohe Zahl, die im Fall von Reay aber zu keinem sofortigen Umdenken führte. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er weiter in Buchform - als physisches Buch muss man dazu sagen. Genauso gut hätte Reay den Inhalt auch ausschließlich als E-Book anbieten können. Für seine Leser wäre die Versuchung dann womöglich kleiner gewesen. Die Anschaffung eines elektronischen Lesegeräts kann sich bereits vom zehnten Buch an lohnen. Zumindest in Sachen CO₂-Bilanz herrscht dann Gleichstand. Für jedes weitere Buch müssen neue Bäume gefällt werden, beim E-Reader fallen die schlimmsten Umweltsünden in der Herstellung an, beim Gebrauch ist er so gut wie CO₂-neutral. Außer Acht gelassen werden in dieser Rechnung aber die Mineralien, ohne die es kein Kindle gibt. Deren Produktion verschlingt noch immer enorme Mengen Energie. Experten schätzen, dass sich der Kauf eines E-Readers aus Öko-Gründen frühestens vom 30. Buch an lohnt. Aber auch diese Rechnung kann schnell wieder ungültig werden. Nämlich dann, wenn man jedes Mal mit dem Auto zum Buchladen fährt.

Christian Gschwendtner

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Bitte nicht spülen!

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In der Kantine wird man mittlerweile von den umweltbewussten Kollegen gemobbt, wenn man seinen Kaffee immer noch im Einwegbecher bestellt. Klingt ja auch logisch: 7,6 Millionen Einwegbecher für Heißgetränke landen nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe in Deutschland jeden Tag im Müll (oder im Gebüsch). Bei ihrer Herstellung würden jährlich 83 000 Tonnen CO₂ ausgestoßen und 43 000 Bäume gefällt. Wenn es sich dabei um mit Kunststoff beschichtete Pappbecher handelt, sind sie zudem meist nicht gut zu recyceln. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn Keramik- und Mehrwegbecher kosten sehr viel mehr Energie bei Herstellung und Transport (auch noch beim täglichen Gebrauch) - und sie müssen mit heißem Wasser und Spülmittel unter dem Hahn oder in der Maschine gesäubert werden. Leider fehlt es an seriösen aktuellen Studien, die alle Faktoren berücksichtigen. Eine vor elf Jahren von niederländischen Wissenschaftlern der halbstaatlichen Forschungseinrichtung TNO erstellte Studie kam zu dem Ergebnis, dass unter dem Strich Pappbecher umweltfreundlicher sind als Keramikbecher. Etwas Bauchgrimmen bereitet die Tatsache, dass die Studie von einem Einwegbecher-Hersteller beauftragt wurde. Einen Ausweg gibt es selbst laut TNO: Mehrwegbecher sind dann umweltfreundlicher, wenn man sie mehrere Jahre benutzt und möglichst selten spült.

Christian Weber

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Ökos aus Neuseeland

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Es ist ein Bild, das die Meisten aus dem Supermarkt kennen: Draußen scheint die Sonne, aber drinnen im Obstregal türmen sich die Äpfel aus Neuseeland. Vor allem in den Monaten Mai, Juni und Juli kommt das häufiger vor. Auf der Südhalbkugel ist dann Erntesaison, Äpfel von heimischen Feldern sucht man hingegen vergeblich. Und wenn man sie doch einmal findet, dann sind sie alles mögliche, aber auf keinen Fall frisch. Dass es die Äpfel mit dem Regionsetikett überhaupt im Frühsommer zu kaufen gibt, liegt an einem doch sehr ausgeklügelten Lagerungsverfahren. Sie werden erst im Spätherbst mit der letzten Ernte gepflückt und dann auf wenige Grad Celsius heruntergekühlt und in einer kontrollierten Umgebung aufbewahrt - bei wenig Sauerstoff und viel CO₂. Verständlich, dass so ein Prozess die Ressourcen stark beansprucht und aus Klimasicht verheerend sein kann. Er führt zu dem absurden Umstand, dass ein frischer Apfel aus dem fast 20 000 Kilometer entfernten Neuseeland mit geringerem Energieverbrauch produziert werden kann als Äpfel aus Deutschland. Wann dieser Punkt genau eintritt, ist umstritten. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, der Transport ist nur einer davon. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, muss sich noch an eine weitere Regel halten: Beim Verzehr von Obst und Gemüse immer auf deren Saison achten.

Christian Gschwendtner

© sz
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