Heldensaga
130 Dollar für die Erfindung von Superman – der Betrug am Erfinder und das Happy End

Alle kennen Superman, kaum jemand kennt seine Schöpfer. Ein Comic erzählt ihre Geschichte.

Sabine Altorfer
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Stimmungsvolle Bildsprache: Der junge Joe Shuster erfindet Superman.

Stimmungsvolle Bildsprache: Der junge Joe Shuster erfindet Superman.

Als Superman 1975 erstmals ins Kino kam, flossen allein für die Filmrechte Millionen Dollar. Die Nachricht erschütterte den damals 61-jährigen Jerry Siegel so sehr, dass er einen Brief an Dutzende Empfänger schrieb, die wahre Geschichte von Supermans Erfindung schilderte und den Betrug an seinen Erfindern bitter beklagte. Denn was damals niemand mehr wusste oder wissen wollte: Er, der Texter Jerry Siegel und der Zeichner Joe Shuster, zwei Schulfreunde aus Cleveland, waren die Väter von Superman.

Es war eine Zangengeburt. Zuerst als Buben, später als Texter und Zeichner waren sie besessen von ihrer Superman-Idee. Die Suche nach einem Verlag war eine jahrelange Leidensgeschichte – bis endlich National Publications 1938 ihre Geschichte für den ersten «Action Comics #1» kaufte. 130 Dollar bekamen die beiden für ihre Story. Um den Check einlösen zu können, unterschrieben sie – ohne es zu merken – auch den Verzicht auf ihre Urheberrechte. Danach brachten sie jahrzehntelang für billige Angestelltenlöhne Superman weiterhin zum Fliegen, prozessierten gegen den Verlag – und verloren. Verloren Job, Geld und Lebensmut.

Die rührende Geschichte um die beiden jüdischen Jungs aus osteuropäischen Immigrantenfamilien beschäftigte den New Yorker Comic-Autor Julian Voloj. Zusammen mit dem italienischen Zeichner Thomas Campi zeichnet er Joe Shuster und Jerry Siegel ein Denkmal.

Denkmal und Geschichtsbuch

Auf 170 eng gestalteten Seiten zeigen sie die beiden Brillenträger, die lieber in ihren Fantasiewelten als im tristen Alltag leben, die Superman (und andere Geschichten) immer wieder neu, immer besser zeichnen. Erst mit der Idee, dass ihr Superman zwei Identitäten gleichzeitig besitzt und dass er seine Kräfte nicht für Böses, sondern als Retter und Helfer der Schwachen einsetzt, finden sie den Dreh. Die 10-Cent-Hefte begeisterten die Massen, machten die Verleger reich und begründeten den Superhelden-Hype, der bis heute anhält.

Campi/Voloj erzählen detailliert und aus der Sicht von Joe Shuster, ihre Bildsprache gleicht allerdings eher Edward Hoppers melancholischen Amerika-Gemälden als Shusters geradlinigen Superman-Illustrationen. Ihre Graphic Novel ist nicht nur eine Biografie, sondern auch illustrierte Geschichte der amerikanischen Comic-Industrie. Und Sie endet in bester Hollywood-Manier mit einem Happy End: Als Jerry Siegel 1975 mit seinem Brief gegen den «Superman»-Film für Aufhebens sorgte, stimmte die Produktionsfirma Warner, die sich um zu viel schlechte Publicity Sorgen machte, einem Vergleich zu. Sie sprach den beiden alten Männern nicht nur eine jährliche Rente zu, sondern nannte fortan ihre Namen als Schöpfer.