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Arbeitsteilung

| Philipp Thier

Femto-Zellen sind Mobilfunkstationen mit kurzer Reichweite. Sie verbessern die Netzabdeckung in Gebäuden und sind vorwiegend für Privatkunden gedacht.

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Femto-Zellen sind Mobilfunkstationen mit kurzer Reichweite, ähnlich WLAN-Access-Points. Sie verbessern die Mobilnetzabdeckung in Gebäuden und sind vorwiegend für Privatkunden gedacht; dem Mobilnetzbetreiber ersparen sie hohe Investitionen in zusätzliche Makro-Zellen zur Verbesserung der Abdeckung. Allerdings setzen Femto-Zellen neue Integrations- und Verwaltungstechniken im Kernnetz und in der Funklandschaft des Mobilfunkproviders voraus.

Mit Femto-Zellen – kleinen Mobilstationen – lassen sich Versorgungslücken von Mobilfunknetzen im privaten Wohnbereich auf einfache Weise schließen. Sie decken einen Umkreis von 20 bis 25 Metern ab und befördern sowohl Sprach- als auch Datensignale über herkömmliche Internet-Anschlüsse zum Provider. Insofern konkurrieren sie teilweise mit DECT- und WLAN-Basisstationen.

Gegenüber gewöhnlichen Mobilfunk-Basisstationen bieten sie einige Vorteile: Die preiswert aufgebauten Elemente können Teilnehmer selbst – also ohne aufwendige Netzplanung – genau dort aufstellen, wo die Basisstationen ihres Netzbetreibers nicht hinreichen und so die eigene Funkversorgung auf einen Schlag verbessern. Noch ist diese spannende neue Geräteklasse in Deutschland nicht etabliert – unter anderem, weil noch nicht alle technischen Herausforderungen bewältigt sind.

Aber Netzbetreiber möchten Femto-Zellen gern in ihr Lieferprogramm aufnehmen, denn sie können gegenüber gewöhnlichen Basisstationen Anschaffungs- und Standortkosten (zum Beispiel Miete für die Mastaufstellung auf Dächern) und auch Betriebskosten ersparen, darunter Stromkosten und die Anbindung an das Providernetz (Backhaul). Denn für die Anbindung an die Kernnetze der Mobilfunkbetreiber nutzen Femto-Zellen statt teurer dedizierter Leitungen einfache Breitbandanschlüsse der Kunden.

Femto-Zellen sind zwar grundlegend mit der aktuellen Mobilfunktechnik verwandt, doch genauer betrachtet hat die Technik mehr Ähnlichkeit mit der VoIP-Telefonie. Das liegt an den Eigenschaften des Transportmediums (DSL oder Kabel), also der Bandbreitenbeschränkung und den typischen Problemen paketbasierter Übertragung (Paketverluste, Signalverzögerungen, Verzögerungsschwankungen etc.). Sie alle mindern die Sprachqualität und müssen deshalb für eine optimale Kommunikation minimiert werden. Daher kann man an Femto-Zellen-vermittelte Mobiltelefonate dieselben Qualitätsanforderungen stellen wie an VoIP-Telefonate.

Qualitätsmerkmale
Femto-QoS-Kriterien Werte
Ende-zu-Ende-Verzögerung (Delay) max. 150 bis 300 ms (abhängig von Interaktivität)
Paketlaufzeitschwankungen (Jitter) max. 50 bis 150 ms (abhängig von Delay)
Paketverluste max. 1 bis 5 %
Bandbreite min. 128 kBit/s pro Gespräch (abhängig von Codec)

Um eine möglichst hohe Sprachqualität zu gewährleisten, kommen bei Femto-Zellen wegen gleicher Probleme auch die gleichen Lösungen wie bei VoIP-Verbindungen zum Zuge. Zum Beispiel gleichen Jitter-Buffer Laufzeitschwankungen der Sprachpakete aus und die Pakete werden auf der Breitbandstrecke nicht mit dem umständlichen TCP-Protokoll übertragen, sondern wie bei VoIP mittels UDP. Das schlankere UDP überlässt anders als TCP die Fehlerkorrektur grundsätzlich den Gegenstellen und schreibt keine Quittungen vor. Daher eignet es sich auch besser für Sprachübertragungen: innerhalb der kurzen Fristen, die das menschliche Gehör für eine aussetzerfreie Wiedergabe zugesteht, sind Übertragungswiederholungen zur Fehlerkorrektur in aktuellen IP-Netzen ohnehin nicht möglich.

Prinzipiell lassen sich Femto-Zellen an beliebigen, vom Mobilfunkanbieter unabhängigen Breitbandanschlüssen betreiben. Jedoch lassen sie sich nicht so einfach in Mobilfunknetze integrieren. Eines der Probleme rührt von der Konzeption der Verwaltungskomponenten des Core Network her (CN, Kernnetz). Diese sind nämlich nur für eine überschaubare Zahl an zuverlässig angebundenen Basisstationen von wenigen Herstellern in sicheren und zuverlässig zugreifbaren Umgebungen ausgelegt.

Mit einer Vielzahl an Femto-Zellen von vielen unterschiedlichen Herstellern, die über das unzuverlässige Internet angebunden sind, würden sie nicht zurechtkommen. Je nach Element und Protokoll können dann ganz unterschiedliche Fehler auftreten, etwa zu lange Verbindungen oder fehlerhafte Vermittlung von Gesprächen, Gesprächsstörungen und -abbrüche oder auch scheiternde Registrierungen der Endgeräte.

Daher mussten für Verwaltung und Integration der Femto-Zellen neue Architekturen und Schnittstellen entwickelt werden. Dabei sollten aber Features wie Handover und Mobilität erhalten bleiben [1 [1]]. Beim Handover wird ein laufendes Gespräch von einer Zelle zu einer anderen übergeben, die Teilnehmer hören die dabei entstehende kurze Unterbrechung nicht. Unter „Mobilität“ verstehen Mobilfunkingenieure die dynamische Zuordnung eines Geräts zur jeweils „besten“ Zelle im Sinne der Signalqualität. Letzteres erledigt der Mechanismus „Location Update“. Darüber teilt das Mobilterminal dem Netz seine aktuelle Zelle mit; in Autoradios macht sich das bei GSM-Geräten durch pulsartige Störgeräusche bemerkbar.

Das Handover von einer Femto- zu einer Makro-Zelle lässt sich problemlos umsetzen. Da sich die Femto-Zelle im Sendebereich der Makro-Zelle befindet und sie somit deren Identität kennt, kann die Zelle als Nachbar eingetragen (Neighbor-List) und so bei einem Handover genutzt werden.

Das klappt in Gegenrichtung, also von einer Makro- zu einer Femto-Zelle bisher nicht. Dafür müsste das Netz die Identität der Zielzelle kennen, um Ressourcen für die Übergabe zu reservieren. Außer der Information, die das Endgerät über eine Femto-Zelle in seinem Empfangsbereich hat, liegen dem Makro-Netz aber keine weiteren Angaben über die Zielzelle vor – und allein auf dieser Grundlage kann das Netz die Kleinzelle nicht zuverlässig identifizieren. Deshalb scheitert in diesen Fällen das Handover. An Lösungen für dieses Problem arbeiten die Ingenieure noch.

Zwischen Kunde und Mobilnetzbetreiber vermittelt ein Internet-Anbieter – das kann auch der Netzbetreiber selbst sein.

Zwischen Kunde und Mobilnetzbetreiber vermittelt ein Internet-Anbieter – das kann auch der Netzbetreiber selbst sein.

Das Femto Forum spielt bei der Verbreitung von Femto-Zellen eine zentrale Rolle, indem es für die verschiedenen Funkumgebungen (UMTS, CDMA2000, GSM, LTE, WiMAX) Referenzarchitekturen zur providerübergreifenden Integration der Femto-Zellen definiert. Die Komponenten dieser Referenzarchitekturen kommunizieren über standardisierte Schnittstellen und lassen sich daher nahtlos in das Core Network integrieren. Im Einzelnen sind das der Femto Access Point (FAP), das Femto Gateway (FGW) sowie das Femto Management System (FMS).

Der FAP, also das Gerät, das die Funk-Zelle aufspannt, besteht aus der Funk-Hardware und dem Backhaul, also der Leitung zum Internet. Der FAP koppelt die Funkendgeräte an das FGW an, das beim Mobilnetzbetreiber steht. Im FGW sind Sicherheits- und Kontrollelemente untergebracht. Außerdem bindet das FGW die einzelnen Femto-Zellen an das Core Network an. Vom FGW hängt wesentlich ab, wie viele Femto-Zellen an das Core Network angebunden werden können. Im öffentlichen Betrieb sollen es einst zehntausende Femto-Zellen sein. Das FMS übernimmt Verwaltungs- und Konfigurationsaufgaben für die FAP und das FGW (zum Beispiel die User-Verwaltung, Initiale Konfiguration mit Scrambling Codes, Security-Einstellungen).

Femto-Zellen lassen sich ohne jegliche Anwendereingriffe an das FGW anbinden (Zero-Touch-Konfiguration). Da der Zeitpunkt der Inbetriebnahme dem Anwender überlassen ist, startet die Femto-Zelle beim Anschluss automatisch eine Erkennungs- und Registrierungsprozedur (Discovery & Registration), bei der sie das optimale (in der Regel das nächste) FGW sucht. Dafür verwendet sie wie in IP-Netzen üblich eine feste Adresse (URL), die über das Domain Name System (DNS) zur IP-Adresse des FGW aufgelöst wird.

Anschließend authentifizieren sich FAP und FGW gegenseitig; meist über IKEv2 in Verbindung mit einer Public Key Infrastructure (PKI). Optional kann sich das FAP über eine SIM-Karte beim FGW authentifizieren. Nach diesem Schritt erfolgt der Transport von Daten IPSec-verschlüsselt. Dafür nimmt man erheblich mehr Verwaltungsdaten in Kauf: Ein übliches, PPPoE-verpacktes Sprach-Sample von 20 ms Dauer belegt so brutto 124 Byte. Der üblicherweise eingesetzte AMR-Codec liefert aber netto nur maximal 31 Byte.

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Femto-Zellen lassen sich auf drei Arten in das Core Network integrieren: als separates Core-Network-, als zweites autonomes IP-Core-Netz und als virtuelle Radio Access Network Controller (als RAN-Elemente). Allen Integrationsmodellen ist gemeinsam, dass man die Femto-Elemente nicht wie ursprünglich angenommen als normale Basisstationen mit Standard-Schnittstellen behandeln kann – gerade wegen der Verwaltungskomponenten, die für die hohe Zahl an Zellen nicht ausgelegt sind und auch wegen der wackeligen IP-basierten Anbindung.

So wurden in manchen Ansätzen typische Netzaufgaben wie die Ressourcenverwaltung (Radio Resource Management) und Verschlüsselung (Ciphering) an die Zelle übergeben, um so den Verwaltungs- und Signalisierungsaufwand zu reduzieren. Die zugehörigen Richtlinien und Schlüssel werden nach dem Verbindungsaufbau mit dem Core Network ausgetauscht und ermöglichen der Femto-Zelle hohe Autonomie. Deshalb lässt sich die UMTS-Femto-Technik in hiesigen Mobilnetzen wahlweise als separates Core-Network-Element oder als Teil des Radio Access Network (RAN) in eine Makro-Umgebung integrieren.

Auf ein Core-Network-Element zu setzen, ist von Vorteil, weil die Schnittstellen innerhalb des Core Network standardisiert und damit herstellerunabhängig sind. Darüber kommunizieren auch zentrale Verwaltungselemente des Core Network miteinander (Mobile Switching Center). Die Komplexität der Schnittstellen ist zwar sehr hoch, sodass die Integration schwerfällt. Gründet das Netz jedoch auf einem IP Multimedia Subsystem (IMS, Full-IP-Netz), ist diese Integration auf lange Sicht in Bezug auf Skalierbarkeit und Kosteneffizienz die beste Wahl. Die IP-basierte Übertragung der Femto-Zelle integriert sich so nahtlos in die Infrastruktur. Die Alternative wäre ein zweites autonomes IP-Core-Netz nur für die Femto-Zellen – was man aber wegen des drastisch höheren Wartungsaufwands nicht wirklich haben will.

Die weit interessantere dritte Alternative stellt die Integration als RAN-Element dar; sie kommt für Provider in Frage, die kein IMS-basiertes Core Network unterhalten, sondern Mischtrukturen aus leitungs- und paketorientierten Netzen wie GSM und GPRS. Hierbei wird das Femto-Netz als ein oder mehrere (virtuelle) Radio Network Controller (RNC) in das CN integriert; normalerweise werden so Basisstationen angeschlossen. Die Schnittstelle Iu zwischen RNC und CN ist ebenfalls standardisiert und wird von jeher von Providern zur herstellerübergreifenden Integration der Hardwarekomponenten verwendet. Die Integration gelingt daher zwar einfach und kostengünstig, stellt jedoch keine optimale Lösung dar, weil die Infrastruktur zusätzlich durch die Verwaltung der Femto-Zellen belastet wird. Für erste Schritte akzeptiert man das aber.

Femto-Zellen lassen sich prinzipiell auf drei Arten in Mobilfunk-Kernnetze einbinden.

Femto-Zellen lassen sich prinzipiell auf drei Arten in Mobilfunk-Kernnetze einbinden.

Die Femto-Spezifikation 3GPP Release 8/9 bevorzugt das RAN-Konzept. In Anlehnung an UMTS-Basisstationen (Node B) werden Femto Access Points als Home Node B bezeichnet (HNB). Anders als übliche Basisstationen enthalten sie jedoch auch Front-End-Funktionen des RNC. Das zugehörige Gegenstück, der Femto Gateway, wird als Home Node B Gateway (HNB-GW) bezeichnet und dient als Vermittlungspunkt zwischen unterschiedlichen Architekturen; er stellt das „Back End“ des RNC dar. Diese Komponenten sind über ein Interface namens Iu-h gekoppelt, über das Kontrollinformationen und Daten übertragen werden.

Neben Komponenten des Access-Bereichs (UTRAN) werden im Core Network weitere Komponenten definiert. Das Home Node B Management System (HMS) entspricht dem Femto Management System der 3GPP-Referenzarchitektur. Es ist für die automatische Konfiguration der Femto-Zellen und für die Verifikation der Position der Femto-Zelle verantwortlich und kann zusätzlich weitere Konfigurationen und Updates am HNB vornehmen.

Wenn die Deckungsbereiche von Makro- und Femto-Zellen überlappen, lassen sich Telefonate nahtlos weiterreichen (Handover). Die Übergabe von Makro- zu Femto-Zellen stellt noch eine Herausforderung dar.

Wenn die Deckungsbereiche von Makro- und Femto-Zellen überlappen, lassen sich Telefonate nahtlos weiterreichen (Handover). Die Übergabe von Makro- zu Femto-Zellen stellt noch eine Herausforderung dar.

Diese Komponente enthält auch die Funktionen für die Zero-Touch-Konfiguration der Femto-Zellen. Mit den Femto-Zellen kommuniziert sie über das Protokoll TR-196 – eine Erweiterung des Fernwartungsprotokolls TR-069 für DSL-Router. Mit TR-196 lassen sich Funk- und Transportparameter ändern und der Netzwerk-Administrator kann die Femto-Zelle auch neu starten oder deaktivieren – der Kunde hat darüber keine Kontrolle.

Die IPSec-verschlüsselte Kommunikation verwaltet das Security Gateway (SecGW). Diese Komponente ist meist Teil des HNB-GW und wird beim initialen Verbindungsaufbau von der Femto-Zelle angesprochen. Die Komponenten bestehen jeweils aus zwei Elementen: einem optionalen für den Initialen-Verbindungsaufbau (Initial) und einem für weitere Konfigurationen (Serving).

Femto-Zellen müssen sich aber nicht nur in die Infrastruktur der Provider einfügen, sondern auch in die Funklandschaft. Dabei gilt es, gegenseitige Signalauslöschungen und -überlagerungen zu minimieren (Interferenzen).

Die Femto-Zelle kommuniziert über das Internet IPSec-verschlüsselt mit dem Core Network des Providers. Der Provider kann die Zelle über die TR-069-Verbindung verwalten – also beispielsweise ausschalten.

Die Femto-Zelle kommuniziert über das Internet IPSec-verschlüsselt mit dem Core Network des Providers. Der Provider kann die Zelle über die TR-069-Verbindung verwalten – also beispielsweise ausschalten.

Man unterscheidet Interferenzen zwischen Femto- und Makro-Zellen im lizenzierten Spektrum desselben Netzbetreibers und Störungen von Makro-Zellen durch fremde Femto-Zellen, die ungewollt auf der gleichen Frequenz funken. Mit der ersten Situation rechnet man grundsätzlich, wenn Femto-Zellen die Abdeckung eines Makro-Zellennetzes verbessern sollen. Die zweite Situation kann durch unerwünschte Aufstellung von Femto-Zellen auftreten, etwa wenn sie von ihrer ursprünglichen Position entfernt und im Ausland betrieben werden (Störungen von etwa T-Mobile-Femtos durch das Makro-Netz von etwa Vodafone sind ausgeschlossen, weil die Makro-Netze separate Frequenzblöcke nutzen). Gegen beide Störungen kann man mehrere Mechanismen verwenden, die allesamt auf der Positionsbestimmung der Femto-Zelle beruhen.

Als erster Anhaltspunkt für eine Ortung kann die öffentliche IP-Adresse der Femto-Zelle dienen, denn dieses Merkmal lässt sich in der Regel einer Region zuordnen. Zusätzlich kann man eine Femto-Zelle an einen bestimmten DSL-Anschluss koppeln und dessen Position ist ja dem DSL-Provider bekannt. Beide Verfahren lassen sich jedoch durch Proxy- oder Tunnelmechanismen austricksen.

Als Ausweg setzen einige Hersteller daher GPS-Module für eine systemeigene Ortung der Femto-Zellen ein. Das erhöht die Herstellungskosten, liefert aber in Gebäuden dennoch keine zuverlässigen Ergebnisse, weil das Signal der GPS-Satelliten für eine Auswertung zu stark gedämpft sein kann.

Das UMTS-Netz spaltet sich in verschiedene Elemente und hierarchisch gegliederte Teilbereiche auf; letztlich vermittelt das Core Network zwischen den Mobilgeräten wie Smartphones und dem Internet.

Das UMTS-Netz spaltet sich in verschiedene Elemente und hierarchisch gegliederte Teilbereiche auf; letztlich vermittelt das Core Network zwischen den Mobilgeräten wie Smartphones und dem Internet.

Die bisher beste Methode nutzt Elemente der Femto-Zelle für eine ungefähre, aber hinreichend zuverlässige Ortung: Die Femto-Zelle schließt aus den IDs der umgebenden Makro-Zellen auf ihre eigene Position zurück. Wähnt sie sich in der Fremde, muss sie von Störungen anderer Netze ausgehen und ihr Funkteil abschalten. Hat sie keinen Empfang, weil sie zum Beispiel in einem Keller steht, klappt dieses Verfahren natürlich nicht. Dann kann man aber auch davon ausgehen, dass Beeinflussungen anderer Netze ausgeschlossen sind.

Wähnt sie sich am erwünschten Aufenthaltsort, muss sie darauf achten, Interferenzen mit Zellen im eigenen Spektrum zu minimieren. Dabei unterscheidet man drei Szenarien: Femto-Zellen können eine eigene Trägerfrequenz nutzen, sodass Makro-Zellen unbehelligt bleiben oder dieselbe verwenden und so zu einer höheren Frequenzeffektivität beitragen. Das zweite Szenario ist zwar interessanter, aber eben auch wegen der gegenseitigen Beeinflussung problematisch. Beim dritten Szenario nutzt die Makro-Zelle das komplette Band, die Femto-Zelle aber nur einen Teil dessen, also etwa nur einen Kanal.

Femto-Zellen sind durch Interferenzen von Fremdnutzern besonders benachteiligt, denn für die getrennten Femto- und Makro-Infrastrukturen gibt es keinen übergreifenden Mechanismus für die Kontrolle der Sendeleistung. Die Makro-Umgebung weiß nichts von der Femto-Zelle und weist deshalb im Störfall die eigenen Endgeräte nicht an, ihre Sendeleistung zu reduzieren. Da kommt es den Femto-Zellen zugute, dass sie üblicherweise innerhalb von Gebäuden betrieben werden, wo Makro-Signale gedämpft empfangen werden. Umgekehrt registriert eine nahe gelegene Makro-Zelle dann auch die Femto-Abstrahlung weniger, weil deren Signal ebenfalls geschwächt nach draußen gelangt.

Hauswände dämpfen Makro- und Femto-Signale gleichermaßen.

Hauswände dämpfen Makro- und Femto-Signale gleichermaßen.

Beim Interferenz-Management von Femto-Zellen stehen die Sicherheit und der störungsfreie Betrieb des Makro-Netzes im Vordergrund. Aus diesem Grund empfiehlt das Femto Forum für Femto-Zellen Techniken beziehungsweise Best Practices zur Interferenz-Minimierung (Technical Report 25.967 des 3GPP).

Neben fest vorgegebenen unterschiedlichen Kanälen für das Makro- und das Femto-Netz (Channel Assignment), ist auch eine dynamische bedarfsgerechte Kanalwahl möglich. Diese als Cognitive Radio bekannte Technik beschreibt selbstorganisierende Netzwerkkomponenten, die anhand selbst ermittelter Informationen ihre Sendeparameter anpassen, um sich in eine Funkumgebung möglichst reibungslos einzufügen [2 [2]].

Damit können sie auch auf sich ändernde Funksituationen reagieren und manuelle Netzwerkplanungen sind somit im Idealfall nicht notwendig. Mit dem Verfahren „Adaptive Pilot Power Control“ beziehungsweise dem „Downlink Power Management“ messen die Femto-Zellen kontinuierlich den Funkraum und senken ihre Sendeleistung je nach Stärke der Interferenzsignale.

So lassen sich die Störungen der Makro-Umgebung mindern. Dabei versucht man anhand der Sendeleistung die Reichweite so einzustellen, dass die Interferenz für benachbarte Funker erträglich bleibt. Das drückt sich in der Größe der Makro-Dead-Zones aus (Zonen ohne Empfang) – je kleiner diese sind, desto besser. Ganz unterdrücken lassen sie sich jedoch nicht, da am Rande der Makro-Abdeckung oder in direkter Nähe zur Femto-Zelle deren Downlink-Interferenz die Makro-Signale überdeckt.

In der Regel wird die maximale Sendeleistung der Femto-Zellen dynamisch so reguliert, dass abhängig von der gegebenen Makro-Interferenz ein fest definierter Bereich abgedeckt werden kann. Das Verfahren gründet auf Messungen der Femto-Zelle und der Endgeräte [3 [3]].

Die Signale einer etwa zentral in einer Wohnung aufgestellten Femto-Zelle konzentrieren sich innerhalb der Räume (rot = stark) und werden durch Hauswände gedämpft.

Die Signale einer etwa zentral in einer Wohnung aufgestellten Femto-Zelle konzentrieren sich innerhalb der Räume (rot = stark) und werden durch Hauswände gedämpft.

Zusätzlich zur Reduzierung der Sendeleistung der Femto-Zelle kann über das „Uplink Power Capping“ die Sendeleistung der Endgeräte, die mit der Femto-Zelle verbunden sind, reduziert werden. Somit wird gewährleistet, dass Femto-Nutzer, die sich am Rand der Femto-Zellen befinden, nicht durch erhöhte Uplink-Sendeleistung die Makro-Umgebung stören – stattdessen erfolgt das Handover zur Makro-Zelle frühzeitig.

Um das zu erreichen, gibt die Femto-Zelle allen angebundenen Endgeräten die maximale Sendeleistung vor. Dafür setzt sie Broadcasts ein. „Dynamic Receiver Gain Management“ regelt die Verstärkung und damit auch die Empfindlichkeit des Femto-Zellen-Empfängers, beispielsweise wenn sich ein Endgerät in direkter Nähe oder weiter entfernt zur Femto-Zelle befindet. So kann der Femto-Empfänger in unterschiedlichen Anwendungsszenarien ohne Erhöhung der Sendeleistung der Endgeräte arbeiten und unnötige Interferenzen minimieren.

Zusätzlich meint das 3GPP, dass Femto-Zellen auch mit sehr starken Signalen naher, Femto-fremder Endgeräte umgehen können sollten. Das gewährleisten die „Extended Tests for Dynamic Range“ beschriebenen Verfahren, die im Release 8/9 TR 25.104 schon für übliche Basisstationen spezifiziert worden sind.

Ein weiteres Interferenz-Problem ist der Übertragungstechnik der UMTS-Netze geschuldet, dem Wideband Code Division Multiple Access (WCDMA). Dabei setzt man Scrambling Codes ein, um die Signale der Zellen untereinander (synchrones CDMA) und die der Teilnehmer untereinander zu trennen; jedes Element hat seinen eigenen Code aus einem begrenzten Kontingent. Anhand seines Codes pickt sich der Empfänger die für ihn bestimmten Signale aus dem gesamten Datenstrom heraus. Das Kontingent kann in nichtüberlappenden Abdeckungsbereichen eines Netzes mehrfach verwendet werden.

Teile dieses Kontingents sind für Femto-Zellen reserviert (Scrambling-Code-Bäume); sie werden abhängig von deren Funkumgebung automatisch ausgewählt. Diese Reserven sind aber begrenzt, sodass unerwünschte Überlagerungen entstehen können, wenn sich in einem Gebiet sehr viele Femto-Zellen befinden. Zusätzlich kann die Orthogonalität dieser Codes aufgrund der Multipfad-Ausbreitung der Signale nicht immer garantiert werden [4 [4]]. Sendet eine Zelle extrem stark, hilft auch die Orthogonalität nichts mehr und die anderen erwähnten Techniken rücken wieder in den Vordergrund – also Herabsetzung des Signalpegels zur Schonung fremder Ohren.

Erste Studien und Tests des Femto Forums und des 3GPP zeigen unter anderem, dass eine zuverlässige Integration von Femto-Zellen in eine Makro-Umgebung erreicht und Interferenzen auch zwischen Femto-Zellen abgeschwächt werden können. Daraus folgt eine Leistungssteigerung für Makro- und Femto-Teilnehmer, was auch eine Steigerung der Gesamtleistung des Funknetzes und damit Kosteneinsparung bedeutet. Da jedoch keine bestimmten Algorithmen für die Implementierung vorgeschrieben sind, muss sich die Praxistauglichkeit dieser Techniken und Implementierungen noch erweisen.

Besonders gespannt sehen die Netzbetreiber dem massenhaften Betrieb von Femto-Zellen in Ballungsgebieten entgegen – weil weder dazu, noch zur Integration vieler Zellen in Core Networks Erfahrungen vorliegen. Die Integrationsprozesse gleichen noch Versuchsaufbauten, einiges Know-how müssen sich die Netzbetreiber erst noch mühsam aneignen.

Die Grundlagen für Femto-Zellen sind gelegt. T-Mobile zeigte im Dezember 2009 mit umfassenden Interoperabilitätstests zwischen Femto-Komponenten von Ubiquisys und Huawei erste Bewegungen in diese Richtung. In der offiziellen Pressemitteilung war sich Klaus-Jürgen Krath von T-Mobile der Sache schon recht sicher: Die Tests werden erstmals belegen, dass die Femto-Zellen-Interoperabilität Wirklichkeit werden kann [5 [5]]. In einigen Monaten wird sich zeigen, ob er Recht behält.

  1. Dusan Zivadinovic, UMTS für daheim [7], Mini-Basisstationen verbessern Handy-Telefonate, heise mobil 2010
  2. Matthias Wellens, Petri Mähönen, Weiche Hardware, Funkmodule passen sich dynamisch an ihre Umgebung an, heise mobil 2010
  3. Saunders, Carlaw, Giustina, Raj Bhat, Srinivasa Rao, Siegberg, Femtocells, Opportunities and Challenges for Business and Technology, Wiley, 2009
  4. Mikko Järvinen, Femtocell Deployment in 3rd Generation Networks, Helsinki University of Technology, 03. 06. 2009
  5. Pressemitteilung T-Mobile, T-Mobile, Ubiquisys and Huawei Co-Operate on Femtocell Interoperability Tests, www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/en/596270?archivArticleID=792872 [8], 11. 12. 2009

(dz [9])


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[7] https://www.heise.de/ratgeber/Mini-Basisstationen-verbessern-Handy-Telefonate-1900983.html
[8] http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/en/596270?archivArticleID=792872
[9] mailto:dz@ct.de