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© Abbildung aus "Maertens" von Maximilian Hillerzeder, Jaja-Verlag 2018
31.05.2018

Die Spur der Kürbiskerne

Maertens steht stundenlang in einer Imbissbude, schneidet Brotfladen auf und füllt sie mit einer braunen Masse aus Bottichen in der Theke. "Frisch - lecker - günstig", behauptet ein Plakat. Ekliges Gammelfleisch, denkt wer die Zeichnungen betrachtet. Maertens hat sich eingerichtet in diesem Job, der ihm die Miete sichert. Aber nach Feierabend löst er mit Feuereifer Kreuzworträtsel, beteiligt sich an Rätselwettbewerben, verschlingt Krimis und schreibt Fanfiction. Die Wände seiner Bude sind bedeckt von Regalen voller Bücher und Filme, von Sherlock-Holmes- und Poirot-Porträts, Sudokus und Schwedenrätseln, Zeitungsausschnitten von Fällen, die ihn interessieren.

Eines Tages passt ein kleiner Mann mit Glatze und Brille Maertens nach der Spätschicht ab. Er stellt sich als Sandberg vor und behauptet, seine Tochter sei entführt worden. Nun wolle er Maertens - seines Zeichens preisgekrönter Kriminalist - als Privatdetektiv anheuern. Maertens, der tatsächlich einige Rätselpreise und Auszeichnungen für Fanfiction gewonnen hat, lehnt zunächst ab. Aber eigentlich hat ihn der wunderliche Herr Sandberg mit seiner Entführungsgeschichte, in der nichts zusammenzupassen scheint und die einzige Spur aus Kürbiskernen zu bestehen scheint, schon am Haken.

Maximilian Hillerzeders Comic Maertens besticht nicht nur durch eine unaufdringlich skurrile Geschichte, sondern auch durch Einfallsreichtum in Figurengestaltung und grafischem Erzählen. Da gibt es zum Beispiel kleine Arbeiter in Kürbisgestalt, Lauchmänner und anderes anthropomorphes Gemüse. Das Gesicht des Herrn Sandberg scheint aus verschiebbaren Einzelteilen zu bestehen, und Maertens‘ Kinn ragt wie ein Dolch aus seinem Gesicht. Die Monotonie seiner Arbeit wird deutlich durch Panels, die alle das gleiche Motiv zeigen: Maertens‘ Mütze und Shirt ohne Inhalt, dazu Sprechblasen wie "Was darf‘s bei Ihnen sein?" oder "Mit allem?". Vor allem gerne mehr davon! [B.B.]

Maximilian Hillerzeder: Maertens, Jaja-Verlag, 152 S., 18 EUR

© Abbildung aus "Maertens" von Maximilian Hillerzeder, Jaja-Verlag 2018
Dieser Text ist erschienen im Bonner Stadtmagazin Schnüss, Ausgabe 06/2018