Kunst und Kekse eröffnen neue Chancen

ajb-kunst und kekse_neuköllnDass sie auch Kekse verkaufen würden, war von Anfang an klar. Schließlich befand sich in dem Laden in der Wildenbruchstraße früher eine 2_ajb-kunst und kekse_neuköllnBäckerei. Nun hat der anerkannte Jugendhil-fe-Träger ajb GmbH die Räume angemie-tet, um mit einem Zu-verdienst-Projekt für junge Erwachsene mit Sucht- und psychischen Erkrankungen eine Lücke in der Maßnahmenpalette zu schließen. Seitdem steht Kunst & Kekse über dem Schaufenster, das eine Auswahl der Dinge präsentiert, die im Laden zu haben sind: Baby- und Kinderspielzeug, Wohnaccessoires, Schmuck, 4_ajb-kunst und kekse_neuköllnbedruckte T-Shirts und Taschen, Souvenirs und natürlich Kekse.

„Zehn Sorten bieten wir momentan an. Aber ab November werden es wegen des Weihnachtsge-bäcks wieder mehr“, sagt Sandra Weber, die die Backgruppe anleitet. Das führe grundsätzlich zu einem Platzproblem, weil die Küche recht klein ist, oft jedoch auch die Teilnehmer an Grenzen: „Ihre Leistungsfähigkeit ist durch die Erkrankungen sehr schwankend.“ Durch Stress werde das zusätzlich verstärkt. Der aber lässt sich nicht vermeiden, weil die Keks-Kreationen längst zum Verkaufshit des

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Projekts geworden sind. „70 Kilo haben wir im letzten Jahr in der Vorweihnachtszeit innerhalb von sechs Wochen gebacken, um sie im Laden und auf Weihnachts-märkten koob_liecke_ajb-kunst und kekse_neuköllnzu verkaufen“, berichtet die Chef-Bäckerin. Da sich die Qualität der köstlichen Leckereien im Laufe der Zeit herumgesprochen hat, muss die Produktion aber ständig laufen. Zu den regelmäßigen Bestellern gehöre auch das Neuköllner Bezirksamt, verrät Jugend- und Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (r., neben Projektlei-terin Christina Koob) beim Besuch des Ladens: „Die neukölln hilft-plakatKekse gibt’s immer bei unseren Bezirksamtssitzun-gen.“

Depressionen, Schizophrenie, Stimmenhören, Ess-störungen, Ängste und verschiedenste Suchterkran-kungen waren es, die die jungen Leute aus dem normalen Leben in psychiatrische Einrichtungen schleuderten. Im Kunst & Kekse-Projekt, das über Zuwendungen des Bezirks kofinanziert wird, erhalten sie die Chance, sich innerhalb einer Peergroup in einem angstfreien Raum zu stabilisieren, wieder Struktur in ihren Alltag zu bringen und Selbstwertgefühl sowie soziale Kontakte zu gewinnen. „Der jüngste Teilnehmer ist 18, der älteste 31 Jahre alt. Damit“, so Christina Koob, „sind sie in einem Alter, in dem man die Hoffnung haben kann, dass alles nur eine Phase ist.“ Mit Arbeitszeiten von zwei bis 15 Wochenstunden, die mit je einem Euro aufwands-entschädigt koob_liecke_ajb-kunst und kekse_neukoellnwerden, wird ein niedrigschwelliger Einstieg in das Berufsleben ermöglicht. 51 junge Frauen und Männer haben in diesem Jahr schon nach dem Strohhalm gegriffen; einige wechselten danach in AGH-Maßnahmen, andere machten Umschulungen oder holten Schulab-schlüsse nach. Die Fluktuation sei groß, resü-miert die Projektleiterin. Das klingt zwar nach einem Manko, ist aber letztlich ein Indiz für den Erfolg ihres Teams, das aus zwei Festange-stellten und drei Honorarkräften mit ergotherapeutischem oder sozialpädagogischem Background besteht. „Wir sehen den Gesamtmenschen und seine Persönlich-keitsentwicklung“, beschreibt Christina Koob das Credo des Projekts. Die Anleiter seien dabei zugleich Respekts- und Vertrauenspersonen für die Teilnehmer.

Die Entscheidung, ob Backgruppe, Comicgruppe, wo Postkarten, Kalender und Ge-schenkartikel entstehen, oder  Holz- und  Textilgruppe, die vorwiegend  Stofftiere und

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Spielzeug herstellt, trifft jeder selber. Einige bevorzugen, was sie schon früher gerne gemacht haben, andere erweitern lieber ihre kreativen Möglichkeiten und probieren etwas Neues aus: „Aber alle sind stolz wie Bolle, wenn ihre Sachen verkauft werden.“

Zuweilen komme es auch vor, dass Teilnehmer neue Produktideen einbringen, die meisten stammen jedoch von den Anleitern. Das von Upcycling geprägte Sortiment des Kunst & Kekse-Ladens ändere sich – sehr zur Freude der Stammkunden aus der 5_ajb-kunst und kekse_neuköllnNachbarschaft – oft. „Auch das Laufkundschaft-Aufkommen entwickelt sich super“, findet die Projektleiterin. Diesem zwar wichtigen Absatz-faktor soll aber dennoch keine Priorität, z. B. durch erweiterte Öffnungszeiten, eingeräumt werden. „Wir sind in erster Linie für die Teil-nehmer da, der Laden ist nur der Rahmen“, bestätigt Sandra Weber. Es ist ein Rahmen, in dem sie sich nicht nur wohlfühlen. „Er gibt ihnen auch die Bestätigung, dass sie etwas Wichtiges tun und einen Mehrwert schaffen“, ist Falko Lieckes Eindruck.

Kunst & Kekse (Wildenbruchstr. 82) hat montags zwischen 9 und 16, dienstags bis donnerstags von 9 bis 17 und freitags von 10 bis 13 Uhr geöffnet.
Wer das Projekt unterstützen möchte, kann das Projekt unterstützen möchte, kann das beispielsweise durch das Spenden von Vollholz-Resten oder Baumwollstoffen tun; weitere Infos telefonisch.

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