Zum Inhalt springen
Fotostrecke

"Ant-Man and the Wasp": Das kleine Gekrabbel

Foto: Disney

Marvels "Ant-Man and the Wasp" Große Kleinkunst

Es geht auch eine Nummer kleiner: Nach dem bombastischen "Infinity War" kämpft sich Marvels niedlichster Avenger in "Ant-Man and the Wasp" durch eine hübsche Spielerei von einem Superheldenfilm.

Es ist ein einzelnes Geräusch, in dem sich der besondere Reiz der Ant-Man-Filme bündelt: Das hohe Surren eines Geländewagens, der auf die Größe einer Streichholzschachtel geschrumpft wurde und nun mit seinen ebenfalls geschrumpften Insassen wild unter dem Großstadtverkehr hindurchflitzt. Das piepsige Motorengeräusch ist ebenso Ausdruck von Kraft wie von Zerbrechlichkeit, wirkt aggressiv und doch so, als könnte man es mit einem kurzen Aufstampfen zum Verstummen bringen.

Wie auch der erste Ant-Man-Film lebt Peyton Reeds "Ant-Man and the Wasp" von der ständigen Verschränkung völlig unterschiedlicher, gar gegensätzlicher Größenordnungen. Eine Figur wechselt innerhalb einer einzigen Bewegung wild zwischen Normal- und Insektengröße hin und her, ein Hochhaus wird plötzlich zu einem Handkoffer, ein gewaltsamer Kampf wird durch den Einsatz von riesenhaft vergrößerten Küchenutensilien entschieden.

Fotostrecke

"Ant-Man and the Wasp": Das kleine Gekrabbel

Foto: Disney

In Sequenzen wie diesen lässt sich nicht mehr sagen, ob die einzelnen Objekte und Menschen nun groß oder klein, furchteinflößend oder lächerlich sind, denn sie sind stets beides zugleich. Das ansonsten so fixe und berechenbare System der Größenverhältnisse ist aus den Angeln gehoben worden, als sei es nur eine Spielerei. Diese leichtfüßige Umwälzung eines zentralen Gerüsts unserer Alltagswirklichkeit ist nun vor allem eins: komisch. Die schlagartige Miniaturisierung des eigentlich Großen und die schlagartige Expansion des eigentlich Kleinen - es sind zwei Seiten eines großen kosmischen Witzes, der sich auch durch zigfache Wiederholung nicht erschöpft.

Warum noch mal Versöhnung?

Diese Zählebigkeit seines zentralen Motivs ist ein großes Glück für "Ant-Man and the Wasp", denn es dauert einige Zeit, bis Reeds Fortsetzungsfilm von sich aus in die Gänge kommt. So muss er sich zunächst einmal etwas mühsam im Gefüge des Marvel-Universums verorten. Nach den Ereignissen des dritten Captain America-Films verbüßt Scott Lang alias Ant-Man (Paul Rudd) einen jahrelangen Hausarrest, der sich nun seinem Ende nähert.

Ist diese Ausgangslage einmal etabliert, muss sich Scott mit seinem einstmaligen Mentor Hank Pym (Michael Douglas) und dessen Tochter Hope van Dyne (Evangeline Lilly) versöhnen - und der Film muss dabei das akrobatische Kunststück vollbringen, im Zuge der Darstellung dieser Versöhnung auch greifbar zu machen, warum sie überhaupt notwendig ist, denn das Zerwürfnis ist in keinem der Vorgängerfilme geschildert.


"Ant-Man and the Wasp"
USA 2018
Regie: Peyton Reed
Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers, Paul Rudd, Andrew Barrer, Gabriel Ferrari
Darsteller: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Peña, Walton Goggins
Produktion: Marvel Studios
Verleih: Walt Disney Germany
Länge: 118 Minuten
FSK: ab 12
Start: 19. Juli 2018


Reeds Film bürdet sich somit unnötigerweise eine Masse an Plot auf, die es erst einmal abzuarbeiten gilt, bevor sich Scott und Hope als Ant-Man und The Wasp auf die eigentliche anstehende Aufgabe konzentrieren können: Die Rettung von Hopes Mutter (Michelle Pfeiffer) aus dem "quantum realm", dem Reich des Subatomaren, in dem sie vor dreißig Jahren verschollen ist.

In dieser Fülle an Ereignissen hätte man sich vor allem für Hope/The Wasp, immerhin die zweite Hauptfigur (und die erste weibliche Titelheldin des Marvel Cinematic Universe), etwas mehr Raum zum Atmen gewünscht. Obwohl sie den Verlauf der Handlung maßgeblich vorantreibt, hat man in all der Hektik kaum Gelegenheit, diese Figur tatsächlich kennenzulernen.

Fröhlich reingegrätscht

Doch immer dann, wenn "Ant-Man and the Wasp" unter seinem überfrachteten Drehbuch endgültig zusammenzubrechen droht, grätscht gerade noch rechtzeitig Michael Peña als Scotts Geschäftspartner Luis mitten ins Geschehen. Mit seinem grinsenden Gesicht und seinem überschäumenden Enthusiasmus wirkt Luis wie die allegorische Verkörperung einer naiven, auf die ganze Welt gerichteten Freude. Reeds Film scheint sich mit dieser Figur selbst an die zentrale Herausforderung zu erinnern, vor der er als Fortsetzungsfilm steht: auch das bereits Bekannte stets so zu betrachten, als sähe man es zum ersten Mal.

Diese Ermahnung nimmt sich "Ant-Man and the Wasp" schließlich zu Herzen und entfesselt in einem langen, übermütigen Action-Höhepunkt doch noch den Schwung, der seinen Miniaturfiguren innewohnt. Befreit aus der allzu festen Umklammerung der Erzählung kann der Film endlich zu dem werden, was er eigentlich die ganze Zeit schon sein will: eine ausgelassene Spielerei.