Bei der Parlamentswahl in Montenegro haben die Sozialisten um Ministerpräsidenten Milo Đukanović gewonnen. Laut Angaben der unabhängigen Wahlbeobachtungsgruppe Cemi erreichte Đukanovićs Demokratische Partei der Sozialisten nach Auszählung aller Stimmen am Sonntag einen Anteil von 41 Prozent. Die beiden Oppositionsparteien, die Demokratische Front und die Schlüsselkoalition, kamen auf 20 beziehungsweise elf Prozent. Offizielle Teilergebnisse werden für Montag erwartet, das Endresultat soll am Dienstag vorliegen.

Die DPS hat demnach zwar mit Abstand die meisten Sitze gewonnen, doch sie verfehlte die absolute Mehrheit. Eine Koalition von vier Oppositionslisten der DPS könnten Đukanović erstmals seit 25 Jahren den Posten des Regierungschefs streitig machen. Eine derartige Koalitionsbildung gilt allerdings als schwierig.

Đukanović kündigte seinerseits schnelle Verhandlungen zur Regierungsbildung an. Er werde an seinem prowestlichen Kurs festhalten, sagte Đukanović vor Anhängern seiner Sozialistischen Partei.

Festnahmen vor der Wahl

Überschattet wurde die Parlamentswahl von Gewalt: Eine Gruppe von Serben hat angeblich versucht, einen Anschlag zu verüben. Die Gruppe habe geplant, am Sonntagabend vor dem Parlament in Podgorica das Feuer zu eröffnen, das Gebäude zu besetzen und möglicherweise auch Ministerpräsident Milo Đukanović gefangen zu nehmen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. 20 Personen seien festgenommen worden, bevor sie den Plan in die Tat umsetzen konnten.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatten die am Samstagabend festgenommenen Serben vor, am Wahlabend gezielt Menschen anzugreifen, die sich vor dem Parlament versammeln. Sie hätten geplant, auf Bürger und Polizisten zu schießen, die Kontrolle über das Parlament zu übernehmen und den Wahlsieg "bestimmter politischer Parteien" zu verkünden.

"Es gibt auch den Verdacht, dass die kriminelle Organisation den Plan hatte, den Ministerpräsidenten von Montenegro gefangen zu nehmen", hieß es von der Staatsanwaltschaft.

Die Wahl galt als Richtungsentscheidung darüber, ob Montenegro seinen prowestlichen Kurs fortsetzt oder sich wieder dem traditionellen Verbündeten Russland zuwendet. Der Wahlkampf wurde äußerst emotional geführt. Beobachter hatten deshalb befürchtet, dass es nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu Unruhen auf den Straßen kommen könnte.

Obwohl der Plan offenbar vereitelt wurde, rief Innenminister Goran Danilović die Montenegriner auf, am Wahlabend nicht auf die Straßen zu strömen. "Ich fordere alle politischen Parteien auf, die an der Wahl teilnehmen, jeden, der Grund zum Feiern hat, zu Hause bei seiner Familie zu bleiben."

Serbien hat Zweifel an der Darstellung

Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić deutete an, dass die Festnahme seiner Landsleute im Nachbarland inszeniert gewesen sein könnte. "Es ist ein eigenartiger Tag, an dem all das passiert. Das ist alles, was ich dazu sagen will." Montenegro hatte sich 2006 in einem Referendum von Serbien abgespalten.

Ðukanović, der Montenegro seit mehr als einem Vierteljahrhundert in unterschiedlichen Positionen regiert, hatte sich vorab siegessicher gegeben und verkündet, er werde das Land auf seinem Kurs Richtung EU- und Nato-Mitgliedschaft weiterführen. Ebenso zuversichtlich hatte sich Oppositionsführer Andrija Mandić gezeigt. "Heute wird der letzte Tag der 27-jährigen Herrschaft Ðukanovićs sein."  

Ðukanović (54) hat die frühere jugoslawische Teilrepublik seit 1991 als Präsident oder Ministerpräsident geführt. Die Opposition wirft ihm Korruption und kriminelle Machenschaften in großem Stil vor. Ein unabhängiger Staat war das Land von der fünffachen Größe des Saarlands erst 2006 geworden, als es sich aus dem von Jugoslawien übriggebliebenen Staatenbund Serbien-Montenegro löste.

Das rund 625.000 Einwohner zählende Montenegro ist EU- und Nato-Beitrittskandidat. Ðukanović stünde für eine Fortsetzung des Annäherungskurses. Der Nato-Beitritt ist in der Bevölkerung umstritten, die Opposition hat dazu keine einheitliche Position.