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Betriebsrente für alle? Seite 2: Nur eine Minderheit erwartet bislang ein Ruhegeld vom Betrieb
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Koalitionsverhandlungen
dpa Die neue Arbeitsministerin Andrea Nahles
Können also Betriebsrenten das Problem der Altersvorsorge lösen? So, wie sie heute angeboten werden, eher nicht. Deshalb soll sich jetzt Andrea Nahles einschalten.

„Zu kompliziert und zu teuer“ lautet bisher das Vorurteil gegen Firmenrenten. Das erklärt, warum nicht einmal die Hälfte aller Beschäftigten (20 Millionen) mit einem Ruhegeld vom Betrieb rechnen: Im Schnitt bekommen sie zwischen mehreren hundert und tausend Euro monatlich.

Vorbild ist das Nachbarland Dänemark. Hier erhalten zwischen 80 und 90 Prozent der Beschäftigten eine Alterssicherung mit Firmenhilfe. Mit der Folge, dass ein dänischer Durchschittsverdiener im Ruhestand mit Einkünften in Höhe von 92 Prozent seines Nettoverdienstes rechnen kann. In Deutschland sind es nur 59 Prozent, wie die Unternehmensberatung Mercer vorrechnet, wobei die große Rentensenkung erst noch bevorsteht.

„Eine obligatorische Betriebsrente würde die Lohnzusatzkosten nach oben treiben“

Ingo Kramer , Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)

Dabei müssen deutsche Firmen ihren Mitarbeitern seit 2002 irgendeine Art der Betriebsrente offerieren. Der Haken: Die Arbeitgeber dürfen die Variante selbst bestimmen. Die meisten übertragen die Verantwortung an Versicherungskonzerne und wählen die finanziell meist unattraktive Direktversicherung - sie leidet ebenso unter den Minizinsen wie alle Lebensversicherer. Als Folge blieb der erhoffte Ansturm aus.

IfD Allensbach/Postbank
Union und SPD erkannten diese Misere in ihren Koalitionsverhandlungen. „Wenn Riestern und Sparen nicht mehr zieht, dann müssen wir eben die Betriebsrente so hinbekommen, dass möglichst viele mitmachen“, sagt einer, der dabei war. Überraschenderweise unterstützt eine Mehrheit der Bundesbürger (57 Prozent) die Idee einer verpflichtenden Betriebsrente für alle. Und die Tarifparteien?

Die deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sind dagegen: „Ein Obligatorium würde die Lohnzusatzkosten der Unternehmen nach oben treiben“, lässt BDA-Präsident Ingo Kramer mitteilen. Firmen und Tarifpartner sollten weiter selbst entscheiden, „ob und in welcher Höhe Betriebsrenten zugesagt werden“. Allerdings begrüßt auch sein Verband Erleichterungen bei der Firmenrente: „Wenn bürokratische, steuer- und beitragsrechtliche Hemmnisse abgebaut werden, kann es mehr Betriebsrenten geben.“

DGB-Vorständin Annelie Buntenbach erhebt drei Forderungen: Zunächst „ein stabiles Rentenniveau“, damit Betriebsrenten nicht „als Ausfallbürge für Löcher in der gesetzlichen Rente“ herhalten müssen. Dazu sollten sich Arbeitgeber an Betriebsrenten „finanziell ausreichend beteiligen“ müssen. Schließlich dürften Firmenrenten „nicht mit der vollen Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung belastet werden“, wie es für andere Sparformen etwa auch gelte.

Sehr wahrscheinlich entscheidet also die Wahl der richtigen Betriebsrente über den Erfolg der Koalitionspläne. Zumindest glaubt das Bernd Ewald, Vorsitzender des Münchner Wirtschaftsbunds. Er hat eine Variante namens PlusProgramm mitentwickelt, von der Mitarbeiter und Firma gleichermaßen profitieren sollen: „Es ist ein Anreizsystem, um zum einen die Rentenlücke der Mitarbeiter zu schließen und sie in der Firma zu halten, und es schafft zum anderen dem Unternehmen Liquidität aus eigener Kraft und steigert so seinen Wert.“

Mercedes-Stern
dpa/Karl-Josef Hildenbrand Großkonzerne wie Daimler liefern die Idee zur möglichen Reform
Anders als bei Betriebsrenten über Versicherungen oder Fonds bleibt das Geld „wie eine eigene Bank“ in der Firma und steht etwa für Investitionen zur Verfügung. Im Fachjargon basiert Ewalds Konzept auf dem Prinzip einer „pauschal dotierten Unterstützungskasse“, wie sie Großunternehmen wie BMW, Daimler, IBM oder Vodafone nutzen. Das PlusProgramm nutzt die Vorteile auch für Kleinbetriebe ab fünf Beschäftigten, so Ewald.

Der Jurist und Unternehmensberater Peter Beck hat nachgerechnet: Aus nur 51 Euro monatlichem Nettoaufwand für den Angestellten wachsen im Musterfall über 35 Jahre erstaunliche 145 109 Euro, eine sagenhafte Verzinsung von neun Prozent (s. links). Und für die Firma ergeben sich aus netto 30 Euro Arbeitgeberzuschuss zur Betriebsrente sogar 268 451 Euro freies Kapital, also 14 Prozent Verzinsung.

Das Geheimnis ist die hohe Rentabilität der deutschen Wirtschaft. Laut neuester Untersuchung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands erzielten die Mittelständler zuletzt eine Rendite von 11,6 Prozent. Die Musterrechnung von Peter Beck setzt vorsichtshalber nur nur acht Prozent an, doch das Prinzip bleibt gleich: Die Verzinsung ist höher, wenn Firmen die Gelder bis zur Auszahlung ihrer Betriebsrenten bei sich selbst anlegen, statt es an Versicherungen oder Fonds wegzugeben.

Wieso ist dieses Modell bei all seinen Vorteilen noch nicht populärer? Der Arbeitsrechtler Ulrich Bauman glaubt, dass viele Unternehmer bisher schlecht beraten waren: „Sie fragen zuerst ihre Steuerberater, doch Betriebsrente ist zu 90 Prozent Rechtsberatung“, erklärt er. Steuerberater hätten zu oft „aus Haftungsgründen oder mangelndem Wissen einfach an Versicherungsmakler verwiesen“.

Walter Lindinger, Chef der Reinigungsfirma Der Saubermann mit 200 Angestellten aus Altötting, testet seit zwei Jahren das Konzept: „Ich kann es nur empfehlen: Es ist unkompliziert und rentiert sich für Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen.“

Ja, so könnte sie funktionieren, die Betriebsrente für alle.

PlusProgramm *32 Jahre, ledig
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