Der Herausgeber der türkischen Oppositionszeitung Cumhuriyet ist nach Angaben der Zeitung inhaftiert worden. Akın Atalay sei am Istanbuler Atatürk-Flughafen festgenommen worden, als er dort aus Deutschland eintraf, berichtete die Zeitung auf ihrer Homepage. Polizisten hätten ihn nach Verlassen des Flugzeugs in einem Fahrzeug mitgenommen, das bereits auf dem Flugplatz stand.

Ende Oktober waren bereits der Chefredakteur Murat Sabuncu und weitere Journalisten der Zeitung festgenommen worden. Cumhuriyet hatte dazu berichtet, dass die Staatsanwaltschaft die Festnahme von insgesamt 14 Mitarbeitern des Blattes angeordnet habe. Darunter sei der Vorstandsvorsitzende Akın Atalay. Außerdem sei Ex-Chefredakteur Can Dündar, der sich in Deutschland aufhält, zur Fahndung ausgeschrieben worden, sein Haus in Istanbul durchsucht worden.

Auch andere Mitarbeiter wurden den Angaben zufolge nach Razzien in deren Zuhause in Gewahrsam genommen. Bei der Festnahmewelle gegen die Oppositionszeitung am 31. Oktober hatte auch die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, dass nach Atalay gefahndet werde.

Die türkische Staatsführung geht seit dem gescheiterten Putsch Mitte Juli massiv gegen oppositionelle Medien vor. Anfang November ließ die Regierung neun Mitarbeiter der Zeitung wegen "terroristischer Aktivitäten" inhaftieren. Die Staatsanwaltschaft wirft Cumhuriyet vor, in ihrer Berichterstattung den gescheiterten Militärputsch Mitte Juli "legitimiert" und Straftaten zugunsten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen begangen zu haben. Gülen wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch verantwortlich gemacht.

Der frühere Cumhuriyet-Chefredakteur Dündar war im Mai nach der Veröffentlichung eines Artikels über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Im Februar wurde er bis zum Berufungsverfahren auf freien Fuß gesetzt. Im Juli verließ Dündar die Türkei und lebt seither in Deutschland.

Pressefreiheit wird zunehmend eingeschränkt

Laut der Türkischen Journalistenvereinigung (TGC) wurden seit dem Putschversuch vom 15. Juli 170 türkische Medien geschlossen, 105 Journalisten festgenommen und 777 Presseausweise für ungültig erklärt. Auf einer Skala der Organisation Reporter ohne Grenzen belegt die Türkei bei der Pressefreiheit für das Jahr 2016 den 151. Platz von 180 Ländern.

Seit dem gescheiterten Putsch haben die türkischen Behörden Repressionsmaßnahmen gegen weite Teile der Gesellschaft ergriffen, darunter die Medien, das Bildungswesen, die Streitkräfte und die Justiz. Rund 35.000 Menschen wurden festgenommen, zehntausende weitere wurden aus dem Staatsdienst entlassen.

Seit Anfang November müssen sich der türkische Vertreter von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoğlu, und zwei weitere Aktivisten wegen "terroristischer Propaganda" vor einem Gericht in Istanbul verantworten. Zusammen mit Önderoğlu sind die Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung (TİHV), Şebnem Korur Fincancı, sowie der Schriftsteller und Journalist Ahmet Nesin angeklagt. Die Staatsanwaltschaft forderte 14 Jahre Haft für die drei Angeklagten. Ihnen wird zur Last gelegt, sich an einer Aktion für die prokurdische Zeitung Özgür Gündem beteiligt zu haben.