Wenn Nachbarn zündeln und hoffen

Nicht nur die Fussballer von Belgien und Frankreich machen sich für das grosse Spiel bereit. Auch die Politik und die Presse beider Länder haben sich in Stellung gebracht.

Jana Lange (SID)
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Frankreichs Goalie Hugo Lloris: «Wir wollen uns verewigen.» Bild: EPA

Frankreichs Goalie Hugo Lloris: «Wir wollen uns verewigen.» Bild: EPA

Frankreich, der Weltmeister von 1998, trifft auf den ewigen Geheimfavoriten Belgien. Viele sehen die Begegnung in St. Petersburg als vorweggenommenen WM-Final. Nach den bisher so überzeugenden Auftritten in Russland ist das Selbstvertrauen in beiden Lagern jedenfalls grenzenlos – so kurz vor dem Ziel, dem Final am Sonntag im Luschniki-Stadion von Moskau. Die Rhetorik zumindest ist beschwingt. «Wir müssen jetzt den Traum bis zum Ende träumen», forderte Frankreichs Bayern-­Profi Corentin Tolisso. «Wir wollen als Kollektiv unsere Grenzen überwinden und nach dem Schönsten greifen, was es im Fussball gibt», sagte Captain Hugo Lloris: «Wir wollen uns in Frankreichs Fussball-Geschichte verewigen.»

Den «teuflischen Nachbarn» in die Schranken weisen

Belgiens «brillanter Generation» auf der Gegenseite traut einer der Fussballhelden, die 1986 mit Platz vier den bislang grössten belgischen WM-Erfolg feierten, auch Historisches zu: Die Final-Premiere und den ersten Titelgewinn überhaupt. «Ja,» sagte das Torwart-Idol Jean-Marie Pfaff, «Belgien kann das schaffen.» Nicht nur dank dem gefürchteten Offensiv-Dreizack der Roten Teufel mit Kevin De Bruyne, Eden Hazard und Romelu Lukaku. Doch auch die Franzosen, die vor zwölf Jahren in Deutschland zum zweiten und bislang letzten Mal in einem WM-Final standen, haben ja ein beachtliches Trio Infernale zu bieten: Wunderknabe Kylian Mbappe, Antoine Griezmann und Olivier Giroud sollen den «kleinen Bruder» und «teuflischen Nachbarn», wie er in französischen Medien genannt wurde, in die Schranken weisen.

Das gelang zuletzt nicht so gut. Der letzte Sieg der Grande Nation liegt bereits 14 Jahre zurück. ­Zuletzt musste sie sich dem aufmüpfigen kleinen Nachbarstaat (11,4 Millionen Einwohner, Frankreich 67 Millionen) im Juni 2015 bei einem Länderspiel im heimischen Stade de France mit 3:4 geschlagen geben.

«Reiseziel Mond» für eines der Teams

Während die Brussels Airline kurzfristig Sonderflüge von Brüssel nach St. Petersburg ins Angebot nahm, hat das Fussballfieber auch die politische Ebene erfasst. Sowohl Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als auch der belgische Premierminister Charles Michel werden auf der Tribüne Platz nehmen.

Auch die Presse stimmt sich mit Herzblut auf das Duell ein. So druckte die französische «Le Journal de Dimanche» eine Zeichnung aus dem Comic «Asterix bei den Belgiern» auf ihr ­Titelblatt, in dem Gallier und Belgier streiten. Auch die «L’Equipe» titelte mit einer Hommage an den belgischen Comic-Autoren Hergé. Das Cover mit Deschamps auf dem Weg zu einer Rakete entstand in Anlehnung an Tim und Struppis Abenteuer «Reiseziel Mond». Nur heisst das Reiseziel in Wirklichkeit eben Moskau.