Am liebsten mag ich Monster

Das Comic-Debüt der amerikanischen Künstlerin Emil Ferris ist ein echtes Monster. „Am liebsten mag ich Monster“ scheint daher der perfekte Titel für diesen 400 Seiten starken XL-Wälzer zu sein, der die Optik eines gezeichneten Tagebuchs auf Spiralblockblättern emuliert.

Und auch sonst ist alles etwas anderes als in den meisten anderen Bildergeschichten. Ferris’ Comic verarbeitet die sozialen Unruhen im Amerika der 60er, ethnische und sexuelle Andersartigkeit, einen Mord in einem Mietshaus, Berliner Bordelle zwischen den Kriegen, Horror-Groschenhefte und B-Movie-Monster, den Holocaust, die Liebe zur klassischen Kunst in Museen, Familien mit Geheimnissen und Dramen, Frankenstein, den Unsichtbaren und vieles mehr. Erzählt wird all das von der zehnjährigen Außenseiterin Karen Reyes, die sich für ein hässliches Monster hält, die Ungeheuer aus Film und Literatur über alles liebt und sogar selbst gern eine Untote wäre, da das einige der Probleme mit ihren Mitmenschen und in ihrem Leben lösen würde.

Ferris, die durch das West-Nil-Fieber zeitweise gelähmt war und noch immer unter den Folgen der Krankheit zu leiden hat, legt mit „My Favorite Thing is Monster“ – so der Original-Titel – einen wahrhaftigen Comic-Roman vor. Ihre dichten Seiten voller Schraffuren, Details, Text und Überraschungen sind anders als alles, was der Comic-Markt derzeit sonst so zu bieten hat, und sowohl eine Herausforderung als auch ein Erlebnis. Da verzeiht man es der 1962 geborenen Ferris auch, dass sie sich z. B. hin und wieder im Museum verläuft. Art „Maus“ Spiegelman und Alison „Fun Home“ Bechdel waren zurecht begeistert von diesem Brocken.

„Am liebsten mag ich Monster“, aktuell für den Eisner und den Hugo Award nominiert, ist nicht perfekt, und der zweite Band muss dringend her (und ist im Original auch schon für den Herbst angekündigt) – aber es ist garantiert der außergewöhnlichste Comic, den man dieses Jahr in die Hand nehmen und lesen kann.

Emil Ferris: Am liebsten mag ich Monster Bd. 1 • Panini, Stuttgart 2018 • 420 Seiten • Flexcover: 39,00 Euro