Zu Mittag des 1. Oktober 1989 bringen über die ganze Welt verstreut 43 Frauen, die zuvor keinerlei Anzeichen einer Schwangerschaft aufwiesen, Babys zur Welt. Ein exzentrischer Milliardär mit Monokel reist auf der Suche nach den überlebenden Wunderkindern umher, findet sieben davon und kauft sie auf. Pragmatisch nummeriert der Patriarch sie durch. Erst die als Stiefmutter dazu entworfene 50er-Jahre-Androidin versieht die Kids mit Namen. Sie wachsen in Sir Reginald Hargreeves’ Haus auf, werden von ihm auf individuelle Superkräfte getestet, an der eigens dazu in einer alten Schirmfabrik eingerichteten „Umbrella Academy“ gedrillt und schon im Kindesalter zu Missionen ausgesandt.
Anführer und Kraftprotz Luther alias „Spaceboy“ ist Nummer 1; sein ewiger Konkurrent, der Messerwurfgenie Diego, die 2; Allison alias „Rumor“, die alle Gerüchte wahrmacht, Nummer 3; der Drogenfreak Klaus, der in nüchternem Zustand Geister sieht und mit Toten kommuniziert, Nummer 4; Nummer 5 heißt nur „Fünf“ oder „der Junge“, denn er steckt auch als Über-60-Jähriger durch verfrühte Zeitreisen in seinem 13-jährigen Körper fest; Ben alias Nummer 6 ist früh gestorben und taucht fortan nur als Geist auf. Nummer 7 schließlich ist die klassische Außenseiterin: Vanya schluckt Pillen, spielt Geige und verfügt über keine besondere Fähigkeit. Deshalb besitzt sie weder Superhelden-Uniform noch -Augenbinde und durfte noch nie auf eine Mission mit.
Das sind die Zutaten, aus denen die neue, schon kurz nach ihrem Start am vergangenen  Freitag als bemerkenswert eingestufte Action-Abenteuer-Science-Fic­tion-Co­medy-Dra­ma-­Serie „The Umbrella Academy“ besteht.
Die schon 2007 erstaunlich flüssig neben dem Touralltag her vom damaligen My-Chemical-Romance-Frontmann Gerard Way verfassten, halbautobiografischen Graphic Novels bieten vielversprechende Vorlagen. Der brasilianische Zeichner Gabriel Bá („Casanova“, „Daytripper“) hat die 2008 mit dem Eisner Award ausgezeichneten Comics für den US-Verlag Dark Horse illustriert. Der für „Fargo“ für einem Emmy nominierte TV-Autor und -Produzent Steve Blackman hat den Plot für den Streamingdienst und Pay-TV-Anbieter Netflix überarbeitet, gestrafft und mit hervorragenden Regisseuren, Ausstattern und Kameraleuten so rasant wie stylish und mit packender Musik zwischen Hits der 70er und 80er und  neuen Songs von Gerard Way und Ray Toro verfilmt. Danny Boyle und Wes Anderson standen ganz offensichtlich Pate.
Dazu ist auch die Besetzung überragend: Neben dem englischen Schauspieler Tom Hopper („Doctor Who“, „Game of Thrones“) als Luther, dem erst 15-jährigen Aidan Gallagher, der mit der Sitcom „Nicky, Ricky, Dicky & Dawn“ schon Geschwister-Serien-Erfahrung sammeln konnte, als „Fünf“, und dem Iren Robert Sheehan („The Tudors“, „Misfits“) als Klaus tritt etwa die R’n’B-Sängerin Mary J. Blige als extraterrestrische Killerin auf.
Ellen Page („Juno“) steigert sich vom Mauerblümchen zum apokalyptisch aufgeladenen Underdog, als sich der zerrissene Patchwork-Clan in den zehn Folgen zu Hargreeves’ Beerdigung wieder vereint – und das Ende  der Welt unmittelbar bevorsteht.

Vom Rock-Star zum Autor, Zeichner und Produzenten

Gerard Way begann nach dem 9/11-Terror, gegen seine psychischen und Drogen-Probleme Songs zu schreiben. Mit seinem Bruder Mikey, Ray Toro, Frank Iero und Bob Bryar als Emo-Band My Chemical Romance wurde der pausbäckige Beau mit den gefärbten Haaren dank Millionen verkaufter Platten zu einem der umstrittensten Rock-Stars der 2000er. Schon als Kind liebte und schuf er Comics. Heute lebt der 41-jährige ausgebildete Zeichner im kalifornischen Eagle Rock als gefeierter Comicautor.
An der Netflix-Serie zu seinen Büchern ist er als Co-Produzent beteiligt. Der Ludwigsburger Cross-Cult-Verlag bringt jetzt die lange vergriffenen Bände neu heraus: auf „Die Weltunter­gangs­­suite“ sollen „Dallas“ (12.3.) und „Hotel Oblivion“ (10.9.) folgen.