Kaiserin zum Angreifen

Der Grafiker Jochen Gasser und der Historiker Norbert Parschalk erzählen das Leben von Sisi als Graphic Novel

Von Ralf Leonhard

Am 10. September 1898 rammte der italienische Anarchist Luigi Lucheni am Ufer des Genfer Sees der Kaiserin von Österreich eine zugespitzte Feile ins Herz. Sisi, wie sie ihr Mann Kaiser Franz Joseph nannte, starb wenig später an Deck eines Dampfers.

Den 120. Jahrestags dieses Ereignisses nahmen der Grafiker Jochen Gasser und der Historiker Norbert Parschalk zum Anlass, die Geschichte der populären und durch unzählige Filme verkitschten Wittelsbacherin neu zu erzählen. Sie bedienen sich dafür einer Technik, die irgendwo zwischen Cartoon und Graphic Novel angesiedelt ist. Aufbau und Gestaltung jeder Doppelseite entsprechen dem Layout einer Tageszeitung: Schlagzeile, Kurztext, zahlreiche Illustrationen. Von den unbeschwerten Jugendtagen auf Schloss Possenhofen am Starnberger See bis zum tragischen Ende am Genfer See wird die Geschichte der rastlosen Kaiserin in kurzen, aber prägnanten Episoden nacherzählt. Dass dabei auf historische Genauigkeit geachtet wird, garantiert der Geschichtsprofessor Parschalk, der auch seine Quellen wissenschaftlich korrekt auflistet. Alle Aussagen der Kaiserin Elisabeth sind historisch dokumentiert.

Da die Autoren anekdotische Szenen wählten, die sich gut illustrieren lassen, erfahren wir von der Besessenheit der Monarchin, ihren Körper fit und schlank zu erhalten, von ihrer Haarpflege, die alle zwei Wochen einen ganzen Tag beanspruchte, ihrem Faible für die Ungarn und ihrer unbändigen Reiselust, die sie von Franz Joseph nicht nur physisch entfernte. Dass eine Episode über das Leben in der Wiener Hofburg mit Schloss Schönbrunn illustriert wird, mag der geringen Ortskenntnis der Südtiroler Autoren geschuldet sein. Die Trauer über die noch als Kleinkind dahingeraffte Tochter Sophie und den zum Thronfolger erzogenen Rudolf, der sich selbst das Leben nahm, wird dabei genauso wenig ausgespart wie die Manie, ihr alterndes Gesicht und ihre schlechten Zähne vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Humorvoll informiert

„Als Buchautor bin ich immer bestrebt, Geschichte vereinfacht und historisch korrekt zu vermitteln, dass sich interessierte Menschen auf humorvolle Weise über geschichtliche Persönlichkeiten und Ereignisse informieren können“, schreibt Norbert Parschalk. Der Erinnerung an Elisabeth sei er auf den Wanderungen in und um Meran begegnet.

Schon vor sechs Jahren haben die beiden Autoren im selben Stil einen Band über den Tiroler Bauernführer Michael Gaismair herausgegeben. Dessen Name ist zwar jedem Tiroler Schulkind bekannt, Hintergrund und Ablauf des Bauernaufstands im frühen 16. Jahrhundert sind aber nur wenigen geläufig. 2008 ist als erste Kooperation der beiden Autoren die Geschichte des Tiroler Befreiungshelden Andreas Hofer erschienen.

Norbert Parschalk, Jochen Gasser: „Kaiserin Elisabeth. Eine illustrierte Biographie“. Verlag A. Weger, Brixen 2018, 80 Seiten, 22,50 Euro